"Krieg" in der Oberlausitz: "Nimmt einen mit, Kameraden zum Sterben hinters Zelt zu tragen"

Boxberg/Oberlausitz - Für das Fallschirmjägerregiment 26 herrscht Krieg bei Weißwasser: Seit nunmehr neun Tagen kämpft es auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz gegen fiktive feindliche Elemente. Längst haben Dorfbewohner ringsum bemerkt, dass Eurofighter und Tornados am Himmel kreisen. Wer sind die Soldaten, die aktuell in der Lausitz scharf schießen, um für den Ernstfall zu proben?

Hier ist ein Trupp der 7. Kompanie an einem Mörser vom Typ M120 am Werk. Dann heißt es: Feuer!
Hier ist ein Trupp der 7. Kompanie an einem Mörser vom Typ M120 am Werk. Dann heißt es: Feuer!  © Norbert Neumann

Rund 500 Soldaten haben auf dem Übungsplatz Stellung bezogen, angereist aus ganz Deutschland. Einer davon: Hauptmann Johannes (31) von der 7. Kompanie ("Die Schwere").

Er beobachtet das Gefecht aus der Ferne, hört Granaten einschlagen, sieht dichten Rauch aufsteigen. Als Artilleriebeobachter koordiniert er das schwere Geschütz und behält den Überblick über Luftraum und Munition.

"Ich nehme die Übung extrem ernst", sagt er. Er hat seine Kameraden schon am frühen Vormittag 15 Mal über Funk feuern lassen, als Unterstützung für über 200 Infanteristen, die parallel im Wald nach dem Feind Ausschau halten.

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Die Funkbefehle leiten Truppführer weiter, Richtschütze Oberstabsgefreiter Kevin (25) hantiert an der schweren Waffe: "Meine Funktion ist es, den Mörser korrekt auszurichten. Ich darf nicht daneben zielen." Im Umkreis von 50 Metern ist der Einschlag eines Mörsers mit einem Kaliber von 120 Millimetern normalerweise tödlich.

Hauptmann Johannes (31) kommuniziert über Funk.
Hauptmann Johannes (31) kommuniziert über Funk.  © Norbert Neumann
Zielt auf den Feind: ein Wiesel-Waffenträger, mit Tannenzweigen getarnt.
Zielt auf den Feind: ein Wiesel-Waffenträger, mit Tannenzweigen getarnt.  © Norbert Neumann
Ein Kampfflugzeug vom Typ "Tornado".
Ein Kampfflugzeug vom Typ "Tornado".  © Carsten Rehder/dpa

Zügige Versorgung der (fiktiv) verletzten Soldaten entscheidend

Vor Ort wird geübt, verwundete Kameraden schnellstmöglich ärztlich zu versorgen.
Vor Ort wird geübt, verwundete Kameraden schnellstmöglich ärztlich zu versorgen.  © Norbert Neumann

Es wird an vielen Stellen scharf geschossen: mit Maschinenkanonen, Lenkflugkörpern, Granatpistolen, Panzerfäusten, Maschinen- und Scharfschützengewehren.

Die Bundeswehr hat Sicherheitsvorkehrungen getroffen, 150 Soldaten als nicht-schießendes Funktionspersonal eingesetzt.

Trotzdem gibt es täglich Dutzende Verletzte auf dem Truppenübungsplatz - die allermeisten nach Vorschrift. Denn die Rettungszüge der 9. Kompanie müssen wissen, wie Verwundete zügig notversorgt werden.

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Sie trainieren mit fiktiv verletzten Soldaten mit Schädel-Hirn-Trauma, Schusswunden, Frakturen.

Haben die Lage im Blick: die Artilleriebeobachter des Fallschirmjägerregiments 26.
Haben die Lage im Blick: die Artilleriebeobachter des Fallschirmjägerregiments 26.  © Norbert Neumann

Stefan lässt Training nicht kalt

Oberstabsarzt Stefan (31) ist Teil der Großübung.
Oberstabsarzt Stefan (31) ist Teil der Großübung.  © Norbert Neumann

Oberstabsarzt Stefan (31) nimmt einen Verwundeten vor der Luftlanderettungsstation in Empfang. Ihm wurde im Kampf ein Bein abgerissen, so schnell wie möglich muss die Blutung gestoppt werden.

Den Oberstabsarzt lässt das Training nicht kalt: "Es nimmt einen mit, Kameraden zum Sterben hinters Zelt zu tragen. Selbst, wenn es nur zur Übung ist."

Auch sonst kommen die Soldaten an ihre Grenzen. "Die Übungstage verlangen uns viel ab, vor allem das Warten ist anstrengend. Gegen Heimweh helfen die Kameraden", sagt Oberstabsgefreiter Kevin. Ohnehin naht der Einsatz bald seinem Ende.

In zwei Tagen soll der Feind bei Weißwasser endlich abgenutzt und zurückgedrängt sein. Dann fahren alle Fallschirmjäger ins Saarland, nach Rheinland-Pfalz oder Bayern in die Heimat, kehrt der Frieden in die Lausitz zurück.

Titelfoto: Montage: Norbert Neumann (2)

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