Sächsischer Busfahrer streikt für höheren Lohn: "Davon kann ich einfach nicht mehr leben"
Leipzig/Dresden - Innerhalb von zwei Wochen war zuletzt in mehreren Bereichen des öffentlichen Dienstes in Sachsen gestreikt worden. Busse und Bahnen blieben im Depot, Kitas und Horte geschlossen, Mülltonnen randvoll stehen - ohne Ergebnis. Die Angestellten haben teilweise Existenzängste, würden auch wieder auf die Straße gehen.
Der Leipziger Busfahrer Kay Hinniger wünscht sich von den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) einen Grundbetrag von mindestens 500 Euro und 10,5 Prozent mehr Lohn. "Um die Inflation auszugleichen und dass ich endlich wieder mehr Geld und Wertschätzung für meinen Job erfahre - und davon auch leben kann", sagte er in der MDR-Sendung "Fakt ist!".
Durch den in Sachsen "mit Abstand" schlechtesten Tarifvertrag im Nahverkehr verdiene er rund 2250 Euro brutto, was einem Stundensatz von 13,84 Euro entspreche. "Das ist knapp über Mindestlohn", moniert der LVB-Angestellte.
"Ich kann nach Abzug der Steuern mit 1700 bis 1800 Euro rechnen. Da muss ich kein Genie sein: Davon kann ich einfach nicht mehr leben", so der Single. "Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das Familien mit zwei Kindern, Auto und Haus machen."
Dass die Anzahl der Streiks - unter anderem auch in Stadt- und Gemeindeverwaltungen, Landkreisbehörden, Arbeitsagenturen und Sparkassen - zuletzt zunahmen, sei "Ausdruck der Unzufriedenheit der Beschäftigten", erklärt Paul Schmidt (35), Fachbereichsleiter Öffentlicher Dienst bei Verdi.
"Wir glauben nicht daran, dass die Preise irgendwann im gleichen Maße sinken, wie sie gestiegen sind"
Die harte Gangart von Gewerkschaft und Beschäftigten "ist eine Reaktion, was wir von der Verhandlungsspitze der Arbeitgeber hören. Da wird davon gesprochen, dass es einen Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst so nicht gäbe, dass der maximal bei Führungskräften erkennbar sei."
Zudem seien die Löhne im öffentlichen Dienst in der Vergangenheit so gestiegen, dass eine Inflation nicht spürbar sei. "Damit sind die Beschäftigten sehr deutlich unzufrieden", so Schmidt in der MDR-Sendung.
Die vom Bund finanzierten steuerfreien Einmalzahlungen von bis zu 3000 Euro wären zwar "für den Moment eine gute Entlastung", findet Paul Schmidt. Diese seien aber keine nachhaltige Lösung.
"Wir glauben ja alle nicht daran, dass die Preise irgendwann auch im gleichen Maße sinken, wie sie gestiegen sind." Zudem werden die Einmalzahlungen nicht auf die Rente angerechnet.
MDR "Fakt ist!" aus Dresden: "Ich freue mich, dass die Leute nicht den Fernseher anschimpfen"
Erst am Samstag konnte die Deutsche Post einen überraschenden Abschluss erzielen. 1020 Euro bekommt demnach jeder der 160.000 Beschäftigten steuerfrei, ab Mai bis März 2024 monatlich netto 180 Euro und ab April 2024 sind es 340 Euro brutto mehr.
Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Sachsen, Daniela Kolbe (43), freut sich über die Post-Einigung. "Das macht Hoffnung, dass wenn man sich zusammenschließt, man wirklich einen echten Inflationsausgleich hinbekommen kann. Ich freue mich, dass da so eine Dynamik drin ist und die Leute nicht den Fernseher anschimpfen, sondern für ihre Sachen kämpfen."
Busfahrer Kay Hinniger findet: "Die Karten liegen beim Arbeitgeber, ob es eskaliert - oder auch nicht."
Mahnende Worte kommen hingegen von Ralf Hänsel (52, CDU), Landrat in Meißen und Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbandes in Sachsen. Da hinter der Post eine Aktiengesellschaft steckt und der öffentliche Dienst anders finanziert werde, könne man den Abschluss vom Samstag nicht einfach übertragen. "Da wäre die öffentliche Hand schwer überfordert."
Die "Fakt ist!"-Folge gibt's zum Nachschauen in der MDR-Mediathek.