Zeitzeuge erinnert sich an schlimme Zeit in Umerziehungsheim auf Burg Scharfenstein

Drebach - Heute ist die Burg Scharfenstein ein beliebtes Ausflugsziel. Doch zu DDR-Zeiten kam niemand freiwillig hierher. Denn von 1967 bis zur Wende diente die Burg als Jugendwerkhof. Bald soll eine Ausstellung dieses dunkle Kapitel aufarbeiten (TAG24 berichtete). Für Michael Kroll (57) werden dadurch Erinnerungen wach.

Michael Kroll (57) blieben von seiner Zeit im Jugendwerkhof nur das DKK-Zeugnis und sein SV-Buch.
Michael Kroll (57) blieben von seiner Zeit im Jugendwerkhof nur das DKK-Zeugnis und sein SV-Buch.  © Kristin Schmidt

Zu DDR-Zeiten dienten Jugendwerkhöfe als Spezialheime zur Umerziehung bzw. "Heranbildung sozialistischer Persönlichkeiten". Die Erziehungsmethoden waren teils so drastisch, dass die betroffenen Jugendlichen dadurch dauerhaft traumatisiert wurden.

"Ich hab dort drei Jahre meiner Jugend eingebüßt", sagt Michael Kroll heute. Das Jugendamt brachte ihn 1978 auf die Burg Scharfenstein, da er wenig Interesse an Schulbesuchen zeigte.

Er erinnert sich vor allem an eins: die Arbeit im DKK-Kühlschrank-Werk Scharfenstein. "Ansonsten gab's nicht viel." Bis 1981 stand Michael Kroll dort fünf Tage die Woche und acht Stunden täglich an der Maschine. Für die drei Jahre Arbeit bekam er insgesamt etwas über 1000 DDR-Mark.

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"Wir waren nur billige Arbeitskräfte für den Staat", sagt er. Andererseits war er froh, wenn er zur Schicht ins Werk gehen konnte. Denn das sorgte zumindest für Abwechslung. Im Jugendwerkhof fühlte er sich "eingesperrt".

Die einzigen Freizeit-Aktivitäten waren Kartenspielen, Fußball und DDR-Fernsehen. Das Highlight war, dass er einmal mit den Arbeitern vom DKK-Werk in die Disko nach Zschopau durfte.

Nach drei Jahren Arbeit im DKK-Werk bekam Michael Kroll nur etwa 1000 DDR-Mark und ein Abschlusszeugnis.
Nach drei Jahren Arbeit im DKK-Werk bekam Michael Kroll nur etwa 1000 DDR-Mark und ein Abschlusszeugnis.  © Kristin Schmidt
Hinter den Mauern der Burg Scharfenstein liegt ein dunkles Kapitel DDR-Geschichte.
Hinter den Mauern der Burg Scharfenstein liegt ein dunkles Kapitel DDR-Geschichte.  © imago images/Sylvio Dittrich
Im "VEB DKK Scharfenstein" (hier im Jahr 1968) mussten die Jugendlichen bei der Kühlschrankproduktion helfen.
Im "VEB DKK Scharfenstein" (hier im Jahr 1968) mussten die Jugendlichen bei der Kühlschrankproduktion helfen.  © Sammlung Berliner Verlag/Archiv
Arbeiter fertigen Kühlschranke im DKK-Werk Scharfenstein.
Arbeiter fertigen Kühlschranke im DKK-Werk Scharfenstein.  © Horst Siegert
Ein Blick auf das DKK-Montageband aus dem Jahr 1962.
Ein Blick auf das DKK-Montageband aus dem Jahr 1962.  © Sammlung Berliner Verlag/Archiv

Kroll über Mahlzeiten im Umerziehungsheim: "Es gab nicht viel"

Das Essen hat Michael Kroll als sehr einfach in Erinnerung. "Es gab das, was es zu DDR-Zeiten halt so gab. Also nicht viel." Seine Kameraden im Jugendwerkhof waren meist Schulschwänzer und Ausbildungsabbrecher. Sie kamen aus dem ganzen Land. Mit manchen hat er sich angefreundet, doch nach der gemeinsamen Zeit verlor sich der Kontakt.

"Man konnte ja damals noch nicht mal Telefonnummern austauschen, weil keiner ein Telefon hatte."

Titelfoto: imago images/Sylvio Dittrich, Kristin Schmidt

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