Sachsens Sagenwelt: Die Schatzsucher aus Venedig im Erzgebirge
Annaberg-Buchholz - Das Erzgebirge ist, wie sollte es anders sein, reich an Bergmannssagen. Zu den besonders schönen Erzählungen gehören die sogenannten Venediger- oder auch "Venezianergeschichten". Gerade in der Gegend von Annaberg-Buchholz kommen sie vor.
"Das hat einen ganz realen Hintergrund", erklärt Marc Schwan (60), Chef des Annaberger Markus-Röhling-Stollns, Schwans Angaben zufolge Sachsens meistbesuchtes Besucherbergwerk. Es ist zugleich Einzeldenkmal der Montanregion. Die Ursprünge reichen bis ins Jahr 1500 zurück. "Hier befand sich einst die bedeutendste Kobaltgrube im Revier."
Und das ist auch besagter Hintergrund der Sagenreihe rund um die "Zwerge aus Venetien": Das Erzgebirge hatte dank der Kobaltvorkommen in seiner Unterwelt rund 200 Jahre lang das weltweite Monopol auf Kobaltblau. Im Röhling-Stolln wurde 1733 mit der Kobalt-Ausbeute begonnen.
"Schon damals wurde in Venedig künstlerisch gestaltetes Glas hergestellt. Die Meister dieser Zunft waren ganz versessen auf das Annaberger Kobaltblau und kamen extra dafür über die Alpen zu uns. Das ist verbürgt. Diese wohl etwas kleinen Menschen, die auch noch komische Hüte trugen, boten natürlich herrlichen Erzählstoff", so Bergbauspezialist Schwan.
"Inzwischen ist durch Messungen wissenschaftlich nachgewiesen, dass das Blau in älteren venezianischen Glaskunstwerken tatsächlich aus dem Erzgebirge kam."
Venezianer sollen im Erzgebirge Gold ausgewaschen haben
Die "Männlein" jedenfalls flossen ein in die Sagenwelt Sachsens. "Meist beherbergt in der Sage eine Erzgebirgsfamilie einen dieser geheimnisvollen Venezianer. Dafür wird sie anschließend oft belohnt. Der Fremde lädt sie nach Venedig ein, wo sie feststellen, dass ihr Gast ein reicher Mann ist."
Andere, eher kritische, jedoch reale Erzählungen wollen von Venezianern wissen, die immer wieder im Erzgebirge auftauchten, um hier - recht erfolgreich - Gold auszuwaschen oder dieses den Einheimischen erst beibrachten. Regelrechte Exkursionen sollen Fachleute immer wieder ins Erzgebirge unternommen haben, um mit detaillierten Aufzeichnungen nach Gold zu schürfen.
An den Orten selbst sollen noch heute "geheimnisvolle" Zeichen in Steine geritzt sein, die wohl nichts weiter als Markierungen waren. Inzwischen tauscht sich eine ganze Gemeinde begeisterter Bergbaufans in sozialen Netzwerken über diese Markierungen aus.
Die wahrscheinlich umfangreichste TV-Doku zum Thema entstand 2010 unter dem Titel "Das Geheimnis der Zwerge - Schatzsucher aus Venedig".
Titelfoto: Uwe Meinhold