Kirchenmusiker verging sich an Mädchen: Missbrauchsfall erschüttert Evangelische Landeskirche
Marienberg/Dresden - Mehrere Missbrauchsfälle erschüttern die evangelische Kirche in Sachsen. Schauplatz ist das beschauliche Pobershau in der erzgebirgischen Gemeinde Marienberg (TAG24 berichtete). Nach "Spiegel"-Recherchen vergriff sich ein ehrenamtlicher Kirchenmusiker in den 1990ern dort an Mädchen. Erst jetzt wird alles aufgearbeitet.
Dem Bericht zufolge sind drei Mädchen betroffen, heute alles junge Frauen. Der Mann soll sie immer wieder begrapscht und mit anzüglichen Bemerkungen belästigt haben.
Obwohl sich ein Kind bereits 1999 offenbarte, blieb die Sache im Dorf unter der Decke. Erst 2018 soll auch die Kirche davon erfahren haben. Der Mann wurde von seinem Ehrenamt suspendiert. Die Mädchen zeigten ihn an.
Die Gemeinde selbst bestätigte am Wochenende den Skandal auf ihrer Website. Der zuständige Pfarrer Burkhard Wagner befindet sich im Urlaub. Er war vor 2014 noch nicht in der Gemeinde tätig.
Landesbischof Tobias Bilz (56) äußert sich zutiefst betroffen: "Dieser Fall geht mir sehr nah. Als Mensch fühle ich mit den Frauen, die als Kinder und Jugendliche solchen Missbrauch erleiden mussten und bis heute darunter leiden. Und als Landesbischof fühle ich große Betroffenheit und Scham, dass diese Taten im kirchlichen Kontext erfolgt sind. Ich sehe unsere Kirche hier in der Verantwortung."
Kommission soll Fälle aufarbeiten
So wird es eine landeskirchliche Kommission geben, die die Fälle aufarbeitet, wurde am Freitag angekündigt.Möglich, dass dabei noch mehr herauskommt.
Der "Spiegel" zitiert Pfarrer Wagner: "Das Ausmaß könnte größer sein als bislang bekannt." Es gebe wahrscheinlich weitere Betroffene. Auch müsse geklärt werden, ob Verantwortliche in der Gemeinde bewusst weggesehen oder vertuscht hätten, so Wagner.
Auch die Amtskirche bekommt ihr Fett weg: In der Landeskirche gebe es keine eigenen Experten für Fälle sexuellen Missbrauchs, beklagt ein Opfer.
Titelfoto: Maik Börner