Droht der Fly-Line-Seilbahn am Fichtelberg der Abriss?
Oberwiesenthal - Ein Jahr nach Eröffnung der weltweit längsten Fly-Line-Seilbahn der Welt am Fichtelberg gibt es Riesenärger!
Der NABU spricht von einem "Totalversagen beim Natur- und Artenschutz" und will die rechtliche Genehmigung für die Anlage aufheben lassen.
Der Grund: Die Touristen sausen am Seil mitten durch das Brutgebiet der der geschützten Ringdrossel - dem einzigen in ganz Sachsen. Mit nur fünf bis sieben Paaren wird die Art auf der Roten Liste Sachsen als akut vom Aussterben bedroht geführt.
"Bei Bauvorhaben in einem Landschaftsschutzgebiet sind Naturschutzverbände in das Verfahren einzubeziehen. Das ist nicht erfolgt. Wir haben zufällig von der Anlage erfahren", sagt Joachim Schruth (63) von der Rechtsabteilung des NABU Sachsen.
"Die schiere Summe der Rechtsverstöße hat den NABU bewogen, Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Landratsamtes Erzgebirgskreis einzulegen."
So wurde offenbar erst gebaut - erst dann hielt ein Sachverständiger Ausschau nach geschützten Arten. Der gab zu den Akten: "Auf Grund dessen, dass der Boden in der gerodeten Schneise komplett umgebrochen und die gerodeten Gehölze bereits beräumt waren, war es nicht möglich, Nester oder zerstörte Gelege zu finden."
Jens Hering (53) vom Vorstand des Vereins Sächsischer Ornithologen ist entsetzt: "Die Ringdrossel gehört zu den seltensten Brutvogelarten Sachsens. Es ist ein einmaliger Vorgang, bei einem solchen Bauvorhaben den Naturschutz nicht einzubeziehen." Jüngste Untersuchungen von Ornithologen hätten ergeben, dass der Abfahrtshang am Fichtelberg zudem im Frühjahr ein bedeutendes Rastgebiet für die nach Skandinavien weiterziehenden Ringdrosseln ist. Hering: "Wir haben dort mehr als 60 rastende Tiere gezählt."
Die Chefin der Fly-Line, Nadja Rauscher (43) wollte sich gestern zu dem Ärger mit den Naturschützern nicht äußern. Auch das Landratsamt des Erzgebirgskreises ließ Anfragen unbeantwortet, da "es sich um ein schwebendes Verfahren handelt".
Die Fronten scheinen gleich zu Beginn des Rechtsstreits verhärtet: Als der NABU die Unterlagen des Verfahrens anforderte, schickte der Landkreis prompt einen Kostenbescheid in Höhe von 358,85 Euro. Das soll jetzt sogar auf europäischer Ebene ein Nachspiel haben: Bernd Heinitz, NABU-Landesvorsitzender will die Kostenentscheidung mit einem Verfahren bei der Europäischen Union auf den Prüfstand stellen lassen.
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