Letzte Hoffnung für Lärmhaus an der A72: Gemeinde fordert Tempolimit
Jahnsdorf - Picknick an der Autobahn? Auf die Idee käme kein Mensch, doch Familie Wild aus Jahnsdorf (Erzgebirge) ist dazu gezwungen. Sie wohnt an der Seifersdorfer Straße, nur 75 Meter von der A72 entfernt - ohne Lärmschutz. Der Bund will nicht helfen, nun fordert die Gemeinde Tempo 80 auf der Autobahn.
Christian (66) und Kerstin Wild (61) wohnen im vielleicht lautesten Haus der Region. Der Verkehr rauscht an ihrer Gartenhecke entlang. Das Wohnhaus wurde um 1900 erbaut, die Autobahn 36 Jahre später.
Das Grundstück der Wilds gilt als Mischgebiet. Hier sind 64 Dezibel Lärm erlaubt (nachts 54). Doch offizielle Messungen 2001 ergaben bereits 68 und 63 Dezibel.
"Seitdem hat der Verkehr zugenommen, es ist lauter als vor 20 Jahren", sagt Christian Wild. Er habe im Garten per Handy-App zuletzt 125 Dezibel gemessen.
Laut Bundesimmissionsschutzgesetz ist klar: Den Bewohnern steht Lärmschutz zu. Und aktiv (Lärmschutzwand, Wall) geht vor passiv (Dämmung).
Der Bund "spendierte" aber nur einen Zuschuss zu neuen Fenstern.
Lärmschutz für Anwohner: Gilt bald Tempo 80 auf der A72?
Auf TAG24-Nachfrage zeigt die Autobahn GmbH auf die Ausnahme im Paragrafen 41, Absatz 2 im Gesetz: Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen ... "gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden".
Jahnsdorf hatte zuletzt eine Lärmkartierung durchgeführt. Erschreckendes Ergebnis: 168 Menschen seien ganztägig und 235 nachts Lärmpegeln ausgesetzt, die dauerhaft "das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen signifikant erhöhen".
Die Gemeinde räumt ein, dass die Betroffenen keinen Anspruch auf mehr Lärmschutz haben. Doch Bürgermeister Albrecht Spindler (45) sagt: "Wir haben unsere Lärmkartierung mit dem Landesamt für Umwelt abgestimmt. Der Gemeinderat soll am 29. April Tempo 80 auf der A72 fordern."
Auch Christian Wild ist wild entschlossen: "Ich werde den Kampf nicht aufgeben."
Titelfoto: Uwe Meinhold