Hat das Sozialamt den 200-Euro-Friseurbesuch einer Ukrainerin im Erzgebirge bezahlt?
Berlin/Erzgebirge - In Sachsen haben mehr als 51.800 ukrainische Kriegsflüchtlinge Zuflucht gefunden. Doch es kursieren auch Gerüchte darüber, wie viel staatliche Unterstützung sie erhalten.
Auf Messengerdiensten wie Whatsapp und Telegram verbreitet sich derzeit eine Sprachnachricht, in der es heißt: Im Erzgebirgskreis habe sich eine Ukrainerin in einem Friseursalon geweigert, ihre Rechnung zu begleichen und stattdessen auf "das Sozialamt" verwiesen. Die Saloninhaberin habe daraufhin die Polizei gerufen. Zwei Polizisten sollen dann vor Ort bestätigt haben, dass die Kosten für den Friseurbesuch der Ukrainerin übernommen werden. Was ist da dran?
Behauptung: Im Erzgebirgskreis hat das Sozialamt einen 200 Euro teuren Friseurbesuch einer Ukrainerin beglichen.
Bewertung: Es gibt keine Belege für dieses Gerücht. Die Polizei hat einen solchen Einsatz nicht dokumentiert und hält ihn für erfunden. Auch der Landkreis spricht von "Fake-News".
Fakten: Die Behörden im Landkreis Erzgebirge bestätigen, dass die Schilderung in der Sprachnachricht die finanzielle Unterstützung von ukrainischen Geflüchteten falsch darstellt. "Das Jobcenter übernimmt keine Friseurbesuche", sagte ein Landkreissprecher der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist eine Fake-News." Die Sprachnachricht sei den Behörden bereits aufgefallen.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erhalten in Deutschland seit dem 1. Juni staatliche Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Sie erhalten also nicht mehr, aber auch nicht weniger als deutsche Staatsbürger. Für die Auszahlung der Grundsicherung sowie für die Vermittlung von Jobs und Kursen sind die Jobcenter zuständig.
Zahlt der Staat auch Führerschein und Weihnachtsgeld?
Auch die Polizei, die laut der Sprachnachricht in den Friseursalon gerufen worden sein soll, hat einen solchen Fall nicht dokumentiert: Auf dpa-Anfrage hat die Polizeidirektion Chemnitz in allen vier Polizeirevieren des Erzgebirgskreises abgefragt, ob in den vergangenen Wochen ein solcher Einsatz passiert ist.
"In keinem der Reviere ist ein solcher Vorfall bekannt oder aktenkundig", teilte Polizeisprecherin Jana Ulbricht (45) mit. "In Würdigung der Gesamtumstände gehen wir davon aus, dass es diesen Vorfall nicht gegeben hat."
Gerüchte über vermeintlich luxuriöse Bezüge für Asylbewerber sind immer wieder Gegenstand von Desinformation im Netz. Fälschlich behauptet wurde in der Vergangenheit etwa, dass Flüchtlinge angeblich mehr Geld erhalten würden als Rentner.
Auch die Behauptung, dass der Staat ihnen Weihnachtsgeld und pauschal einen Führerschein zahle, ist falsch.
Titelfoto: Magdalena Troendle/dpa