Erzgebirge: Hier leuchten Schwibbögen dreieckig
Großrückerswalde - Es gibt im Erzgebirge feste Traditionen. Eine lautet: Schwibbögen sind meistens rund. Ein Dorf verstößt seit Jahrzehnten gegen diese "Regel", der Großrückerswalder Ortsteil Mauersberg. Hier heißen die Bögen Lichterecken und sind dreieckig.
Zwei Jungs aus dem Dorf haben die Leucht-Tannenbäume nach eigener Aussage vor gut 70 Jahren erfunden: Karl-Heinz Melzer (86) und Albrecht Schreiter (87). Melzer: "Wir haben eine Tradition begründet. Elektrische Schwibbögen kamen andernorts später auf!"
Um 1950 muss es gewesen sein, als Melzer und sein Schulfreund auf dem Dachboden des Pfarrhauses ein Holzdreieck mit Brettchen für Kerzen entdeckten. Strom gab es schon, aber keine Birnen und Fassungen.
So begannen die Buben eine gefährliche Bastelarbeit, um die Dreiecke elektrisch zu beleuchten. Dazu nutzten sie DDR-Soffitten. Melzer: "Dass da nichts passiert ist, darüber staunen wir noch heute."
Aber die Erfindung kam an im Dorf. Bald bauten immer mehr Anwohner Holzdreiecke mit Lichtern und stellten sie zur Weihnachtszeit ins Fenster. "Wir Erzgebirger sind ja alle Bastler."
Mauersberg entwickelte sich zum "Lichterdorf"
Auch dank der Erfindung zweier Schulbuben entwickelte sich Mauersberg zum "Lichterdorf". Heute baut Neffe Sebastian Schreiter (51) Lichterecken in kleiner Serie in seiner Mildenauer Werkstatt "Saxxenholz".
Die Krönung folgte 2019. Eine Gruppe um Pedro Kleditzsch und Michael Noack baute ein zwölf Meter hohes Lichtereck aus Alu und stellte es auf die Simmerhöhe.
Am 1. Advent eröffnet traditionell der Rupprich den Weihnachtsmarkt von Mauersberg und befiehlt: "Licht an!" Ab dann leuchtet das Wahrzeichen über dem Dorf.
"Und mein Herz leuchtet mit, wenn ich an die Anfänge in meiner Kindheit denke", sagt Karl-Heinz Melzer verträumt.
Titelfoto: Kristian Hahn