Bis zu 600 Strophen: Was steckt hinter dem längsten Weihnachtslied der Welt?
Erzgebirge - Wenn das Erzgebirge ein was richtig gut kann, dann Weihnachtsstimmung verbreiten und das nicht nur mit Schwibbögen, Räuchermännern & Co., sondern auch mit einem ganz besonderen Weihnachtslied.
Gemeint ist das Heilig-Ohmd-Lied (auch als Heilign-Obnd-Lied bekannt), das wohl längste Weihnachtslied der Welt. Es soll am Ende des 18. Jahrhunderts im Raum Annaberg entstanden sein. Die älteste nachweisbare Niederschrift stammt von 1836. Das Lied ist in Mundart verfasst, was vielen, die nicht aus der Region stammen, beim Zuhören die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Neben dem Vugelbäbaam gehört es zu den wichtigsten Liedern der erzgebirgischen Folklore.
Die Verfasserin des Liedes, was ursprünglich aus 16 Strophen bestand, soll die damals 15 Jahre alte Johanne Amelie von Elterlein sein. Im Annaberger Stadtarchiv taucht der Name der Familie, laut Wikipedia, in den Bevölkerungstabellen von 1799 und 1800 auf.
Auch der Inhalt des Liedes weist auf städtisch-bürgerliches Umfeld und die Sicht eines Kindes hin.
Das längste Weihnachtslied der Welt
Mittlerweile gibt es bei dem Heilig-Ohmd-Lied noch zahlreiche Weiterdichtungen, die in verschiedenen Orten des Erzgebirges entstanden sind. Im Kern kommt das Lied nun auf etwa 156 Strophen. Wer die alle singt, kann schon mal etwa eine Stunde bis zur Bescherung überbrücken. Insgesamt sind inzwischen aber um die 600 Strophen bekannt.
Worum geht es in dem Lied? In der ursprünglichen Fassung wird von den Bräuchen an Weihnachten erzählt: Es wurden Kerzen gekauft, Stollen wurde gebacken, Bleigießen steht auch auf dem Programm, die Mutter hat gekocht, und auch ein Räucherkerzchen wurde angezündet, damit es nach Weihnachten riecht.
Auch wenn das Lied über 200 Jahre alt ist, sieht man am Inhalt: So viel hat sich am Brauchtum nicht geändert und die Weihnachtsbegeisterung ist damals wie heute vorhanden.
Einige Strophen zum Mitsingen
Heit is der heil´ge Ohmd ihr Mäd
kummt rei, mer Gießen Blei.
Lob, laf när glei zr Hannelies
die muß beizeiten rei
(Fritz löf geschwind zur Hanne Christ,
se soll bei Zeiten rei.)
Mer hahm d'n Lächter a'gebrannt;
satt nuf, ihr Mäd, die Pracht.
Do drühm bei euch, is a recht fei,
ihr hot 'ne Sau geschlacht.
Ich hob mer a e Lichtel kört,
ver zwee un zwanzig Pfäng'.
Gi Hanne hui' ä Tüppel rei,
mei Lächter is ze eng.
Kahr, zindt ä Weihrauchkärzel a,
doß a wie Weihnacht riecht;
unn stell's ner of des Scherbel dort,
dos unnern Ufen liegt.
Lott' dorten of der Hühnersteig
do liegt men' Lob sei Blei.
Mahd raffel fei nett sehr dort rüm,
s'ist werd der Krienerts scheu.
Denn's Mannsvulk hat sei Frehd an wos,
sei's a an wos ner will.
Mei Voter hot's an Vugelstell'n,
der Kahr, der hot's an Spiel.
Ich gieß fei erst, wann krieg' ich da?
Saht her en Hommerschmied!
De Karlin lacht, die denkt gewiß,
ich man ihr'n Richter Fried.
Mer ham a sächzähn Butterstoll'n,
su lang wie 'n Ufenbank.
Ihr Mäd, do werd' gefräss'n wär'n,
mer wär'n noch alle krank.
Mer ham a neunerlä gekucht,
a Worscht unn Sauerkraut.
Mei Mutter hot sich o geploocht,
die ale gute Haut.
Fritz brock de Semmelmillich ei,
nasch ader net derfu.
Ihr Ghunge warft kee Raspel nei
in's heilig Ohm'nd Struh.
War gieht den über'n Schwammentupp?!
Nu Lotte ruh'ste nett!
Wart, wenn när weerd der Voter kumm',
do mußt dee gleich ze Bett.
Nä hurcht ner a mohl in Ufentupp,
dos Rumpeln und dos Geig'n.
Na wenn es när nett winseln tut,
denn s'ist bedett's noch Leich'n.
Den heiling' Ohmd um Mitternacht,
do läft statt Wasser Wei.
Wenn ich mich ner nett färchten tat,
ich hult 'n Tupp voll rei.
Denn drühm an Nachbar'sch Wassertrug,
do stieht ä grußer Mäh.
Und war nett rächte Tohzen hat,
dän läßt er gor nett na.
Lob hui derweil ben Hanne Lieb
'n Voter ä Kännel Bier.
'noch, wenn de kümmst,
do singe mer: "Ich freue mich in Dir."
Ihr Kinner, gieht in's Bett nu nuff,
der Seeger zeigt seh u ens.
Ob mer ä Weihnacht wieder erie'm?
Wie Gutt will, su gescheh's
Quelle: Annaberger Wochenblatt
Titelfoto: Bernd März, 123 RF/Nik Merkulov