Corona-Hotspot Erzgebirge: Welche Rolle spielt die Lorenzianer-Sekte?
Pockau-Lengefeld - Aktuell liegt die Sieben-Tage-Inzidenz im Erzgebirgskreis bei unter 100. Vor einigen Wochen sah das noch ganz anders aus. Mitschuld an den Horror-Zahlen könnte die "Gemeinschaft in Christo Jesu", kurz "Lorenzianer", tragen. Nach "Spiegel"-Recherchen habe sich die Sekte trotz Kontaktbeschränkungen in Glaubenshäusern getroffen, vor allem in und um Pockau-Lengefeld.
Im 30-Kilometer-Radius der Gemeinde waren die Infektionszahlen um den Jahreswechsel besonders hoch.
Joseph Canaris gilt als Lorenzianer-Experte, hat bereits mehrere Bücher über die Sekte veröffentlicht und Aussteiger begleitet: "Die Lorenzianer glauben nicht an Medizin, wie wir sie kennen, entsprechend sehen sie auch im Coronavirus keine Gefahr."
Sonntags würden sie in ihr Gotteshaus, die Eliasburg, pilgern. Das Gros der 5000 bis 6000 Anhänger komme aus dem Erzgebirge. Einige aus Mittel- und Ostsachsen.
Der Sektenbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen, Harald Lamprecht (51), bestätigt, dass die Lorenzianer auf Treffen nicht verzichten könnten. Man dürfe unter Mitgliedern aber nicht pauschalisieren. Es gebe solche und solche.
Laut Landrat Frank Vogel (63, CDU) habe die Glaubensgemeinschaft ein Hygienekonzept vorgelegt. Ob es vor Ort tatsächlich Kontrollen gegeben hat, will er aus taktischen Gründen nicht sagen.
Canaris nennt das eine "Schutzbehauptung. Der Landrat will es sich einfach nicht mit denen verscherzen".
Über die Sekte sei generell nicht viel bekannt. Kontakt gibt es nur nach Termin, einige Räume seien für Außenstehende tabu. Die Lorenzianer selbst schweigen gegenüber der Presse.
Titelfoto: Amac Garbe, Kristin Schmidt