Ein Landrat und seine Vision: Bürgerkraftwerk soll die Solarindustrie in Mittelsachsen halten
Freiberg/Dresden - Er kämpft um sein Solarwerk: Mit einem Photovoltaik-Kraftwerk will Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer (53, parteilos) die bereits stillgelegte Produktion von Solarmodulen bei Meyer Burger in Freiberg doch noch erhalten.
In einer der Werkshallen des Unternehmens, das vor Ostern das Aus in Freiberg besiegelt und 400 seiner Mitarbeiter gekündigt hatte, stellte Neubauer sein Konzept gestern vor.
Überall im Landkreis sollen in Teilschritten PV-Anlagen entstehen, die sich am Ende zu einem riesigen Ein-Gigawatt-Sonnenkraftwerk addieren. Ausgestattet mit Hochleistungsmodulen von Meyer Burger.
Neubauers Vision: Ein Bürgerkraftwerk, das bis zu 300.000 Landkreis-Bewohner mit Öko-Strom versorgt und dessen Wertschöpfung in der Region verbleibt. "Das Projekt kann zum größten Konjunktur-Programm der Geschichte des Landkreises werden", sagte Neubauer.
Das Investitionsvolumen sieht der Politiker bei 770 Millionen Euro. Geld, das möglichst bei Unternehmen in der Region bleiben solle.
Landkreis sieht sich dabei Solar-Projekt als Anschieber
Der Landkreis sieht sich dabei nur als Anschieber, nicht als Beteiligter, stellte Neubauer klar. Ihm schwebe ein Gemeinschaftsprojekt von Landbesitzern, Kommunen, heimischer Wirtschaft, Genossenschaften und Privatanlegern vor.
Für die Solarparks wäre laut Neubauer eine Gesamtfläche von Tausend Hektar möglich. Potenzielle Investoren sowie Eigentümer von Flächen hätten sich bereits gemeldet, erklärte er. So sei ihm etwa ein 85 Hektar großes Stück Land an der A4 angeboten worden. Die Renditeerwartung eines Bürgerkraftwerkes in diesem Ausmaß bezifferte Neubauer mit 30 Millionen Euro jährlich.
Ob das selbst mit der vom Landrat eingeforderten Genehmigungsbeschleunigung eher langfristig angelegte Projekt tatsächlich das Werk von Meyer Burger retten kann - daran kamen allerdings schon gestern Zweifel auf. Man wolle die Initiative gerne unterstützen - mit bereits produzierter Ware, die noch in den Lägern liege, sagte Sven Stoffers, Vertriebsleiter bei Meyer Burger.
Und stellte auf Nachfrage klar: "Es hat keinen Einfluss darauf, was wir vor wenigen Tagen verkündet haben."
Großstädte hinken dem Solarausbau hinterher
Die Großstädte in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hängen beim Ausbau der Solarenergie nach einer Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) deutlich hinterher.
Dies habe die Auswertung der Daten aus dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur ergeben, teilte die Organisation gestern mit.
Dresden müsste demnach ab sofort den jährlichen Photovoltaik-Zubau bis 2035 mindestens verdreifachen. Leipzig, Halle und Chemnitz könnten dagegen mit vergleichsweise geringem Aufwand auf einen klimapolitisch zufriedenstellenden Pfad kommen.
"Gemessen am Pariser Klimaabkommen sind wir weit entfernt von einer zufriedenstellenden Ausbaurate in deutschen Städten", sagte die DUH-Chefin Barbara Metz. Sie forderte von Bund und Ländern Rahmenbedingungen, um in den Kommunen den "nötigen Sonnen-Turbo" starten zu können.
"Sonst gerät die Solarenergie in Deutschland weiter in die Krise", so Metz.
Titelfoto: Bildmontage: Sebastian Kahnert/dpa (2)