Nach Raub in Grünem Gewölbe: So mancher Schatz in Sachsen ist nicht ganz sauber
Dresden - Der Einbruch ins Historische Grüne Gewölbe und der Raub wertvoller Kostbarkeiten am vergangenen Montag hat die Sachsen diese Woche bewegt.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (44, CDU) sagte: "Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen!" Innenminister Roland Wöller (49, CDU) nannte es sogar einen "Anschlag auf die kulturelle Identität Sachsens".
Ohne Frage ging mit den Schätzen Augusts des Starken ein wichtiges Stück Kulturgut verloren - vielleicht sogar für immer. Doch trifft es die Sachsen wirklich in die Seele? Definieren wir uns über Kunstschätze, die aus heutiger Sicht vielleicht sogar moralisch bedenklich sind?
TAG24 sprach mit Eva-Maria Stange (62, SPD), Ministerin für Wissenschaft und Kunst, und lüftet die dunklen Geheimnisse unserer Kulturgüter.
Noch-Ministerin Stange teilt die Empörung über den dreisten Einbruch und Raub: "Diese gewalttätige Selbstbereicherung an öffentlichem Eigentum erschüttert mich sehr." Auch sie sieht das Schloss und seine Exponate als wichtigen Teil sächsischer Geschichte an.
Daneben gebe es aber auch das industriekulturelle und handwerkliche Erbe über 500 Jahre, das den Reichtum erarbeitet hat. Stange: "Die Geschichte Sachsens besteht aus vielen Facetten." Alle zusammen seien identitätsbildend für das heutige Sachsen und seine Menschen.
Eva-Maria Stange (62, SPD) will Gesellschaft in Diskussion einbinden
Wie aber umgehen mit solchen Museumsstücken, die nach unserem heutigen, kritischen Verständnis als „belastet“ gelten müssen? Darunter Gebeine (Totenruhe!), Elfenbeinschnitzereien (Tierwohl!), Gemälde von bekennenden Rassisten? Können oder sollen Museumsbesucher das ausblenden?
Ministerin Stange findet: "Die Staatlichen Kunstsammlungen gehen sehr sensibel mit diesen Themen um. Wir sind auf dem Gebiet der Erforschung der Herkunft der Kunstgegenstände sehr weit, haben in die Provenienzforschung bisher über 40 Millionen Euro investiert."
Wenn es Beweise gebe, dass Sammlungsstücke aus Raub, Plünderung oder Enteignungen stammen, werde versucht, die rechtmäßigen Eigentümer zu ermitteln und die Objekte zurückzugeben.
Stange: "Erst kürzlich wurden menschliche Gebeine, die vor über hundert Jahren unrechtmäßig in unsere ethnografischen Sammlungen gelangt sind, im Rahmen einer gemeinsamen Zeremonie an die Aborigines als Herkunftsgemeinschaft zurückgegeben."
Dieses Thema, glaubt die Ministerin, werde die Verantwortlichen der Museen und Sammlungen europaweit auch weiterhin beschäftigen. Doch es sei nicht eine Aufgabe der Museen allein.
"Die Auseinandersetzung etwa mit dem Kolonialismus und seinem Erbe muss auch in der Gesellschaft geführt werden", betont Sachsens oberste Kunst-Verantwortliche.