Die "vergessene" Krankheit: HIV greift auch in Sachsen weiter um sich
Dresden - Hochwirksame Medikamente und die Pandemie haben die Themen HIV und Aids in den letzten Jahren zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Nun steigen die Infektionszahlen auch in Sachsen wieder an und bescheren HIV eine ungeahnte, wiedererwachte Aufmerksamkeit.
Nicht jeder braucht eine Erinnerungsstütze. Auch Eckehard Hütter nicht. Jahrzehnte hat sich der 82-Jährige aktiv in der Aids-Hilfe Dresden engagiert, unter anderem in der Telefonseelsorge und als Kassenprüfer und neben seinem Beruf als Unfallchirurg.
Hütter ist schon dabei, als der Verein 1990 gegründet wird. "Zufall", sagt er heute. Eine Infektion bedeutete damals in den meisten Fällen noch das Todesurteil. Der Arzt berät einfühlsam und ist vielen Ratsuchenden eine wichtige Stütze.
Für sein ehrenamtliches Engagement hat er nun die Sächsische Ehrenmedaille „Für herausragende Leistungen im Kampf gegen HIV und Aids“ erhalten. Eckehard Hütter ist gerührt, und die Rührung überträgt sich auf Sozialministerin Petra Köpping (65, SPD).
"Vielen Dank für Ihre Arbeit. Das ist in dieser Zeit so wichtig", sagt sie bei der Verleihungszeremonie.
93 HIV-Neudiagnosen in Sachsen
Derzeit steigen die Neuinfektionen wieder. Nach der vorläufigen Schätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) infizierten sich 2022 bundesweit 1900 Menschen neu mit dem HI-Virus. Zahlen für Sachsen gibt es aktuell nur aus dem Vorjahr. Damals wurden 93 HIV-Neudiagnosen gestellt.
Das sind 24 Prozent mehr als im Jahr davor, aber weniger als noch 2019 (129 Fälle, minus 28 Prozent). Experten hoffen, dass es sich bei den insgesamt steigenden Werten nur um einen "Nachholeffekt" nach der Pandemie handelt.
Wieder mehr sexuell übertragbare Krankheiten
Die Zahlen anderer sexuell übertragbarer Krankheiten steigen wieder leicht - auch in Sachsen. Das geht auch aus den ärztlich angeordneten Labortests der ersten drei Quartale des Jahres hervor, die die Landesuntersuchungsanstalt (LUA) durchgeführt hat. Bei Gonorrhoe/Tripper (1014 Infektionen), Syphilis (286) und Chlamydien (3 094) wurden jeweils mehr Fälle bestätigt als im Vorjahreszeitraum.
Geschlechtskrankheiten sind noch immer stark mit Scham behaftet. Auch deshalb hat das Sozialministerium eine Imagekampagne für die Gesundheitsämter gestartet. Dort kann man sich anonym testen lassen.
Unter dem Slogan "Uns kümmert's" informieren unter anderem ein Erklärfilm, ein Radiospot und Social-Media-Werbung über die Aufgaben beim Thema sexuelle Gesundheit.
Parallel dazu ist eine neue Broschüre zu den Themen HIV/Aids und sexuell übertragbaren Infektionen erschienen.
Titelfoto: Bildmontage: Steffen Füssel//picture alliance/dpa/Jens Kalaene