Die meisten Sachsen leben nach einer einfachen Devise: Dann glaubt doch, was Ihr wollt!

Dresden - Ostern ist das älteste und höchste Fest im Kirchenjahr. In der Osternacht zwischen Karsamstag und Ostersonntag feiern Christen die Auferstehung Jesu Christi. Katholische Reiter tragen am Sonntagmorgen nach altem Brauch die Frohe Botschaft in die Dörfer der Oberlausitz. Wie in den Jahren vor Corona werden viele Menschen ihren Weg säumen. Doch kommen die alle aus Frömmigkeit? Höchst unwahrscheinlich. Die Kirchen ziehen aktuell eine bittere Bilanz.

Osterreiter ziehen aus dem Dorf Ralbitz hinaus. Diese Reiterprozessionen wird seit vielen Jahrhunderten von Männern ab dem 14. Lebensjahr in der katholischen-sorbischen Oberlausitz abgehalten.
Osterreiter ziehen aus dem Dorf Ralbitz hinaus. Diese Reiterprozessionen wird seit vielen Jahrhunderten von Männern ab dem 14. Lebensjahr in der katholischen-sorbischen Oberlausitz abgehalten.  © dpa/Daniel Schäfer

Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben keine Mehrheiten mehr. "Es ist eine historische Zäsur, da es im Ganzen gesehen seit Jahrhunderten das erste Mal in Deutschland nicht mehr 'normal' ist, Kirchenmitglied zu sein", sagt der Berliner Sozialwissenschaftler Carsten Frerk (76) von der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland.

Was der Westen der Republik jetzt erlebt, hat der Osten schon hinter sich. 1945 waren 90 Prozent der Menschen dort Kirchenmitglieder. Doch die Politik der sozialistischen DDR unterdrückte die Glaubensgemeinschaften.

Systematisch wurden bekennende Christen benachteiligt, Religionsunterricht aus den Schulen verbannt und die Jugendweihe als Ersatz für Firmung und Konfirmation eingeführt.

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Lediglich 20 Prozent der Einwohner Sachsens gehören heute einer der beiden Volkskirchen an. Sachsen als "Mutterland der Reformation" wird bevölkert von Menschen, die sich größtenteils als atheistisch bezeichnen.

Pfarrer Dr. Heiko Jadatz (50). In den vergangenen Corona-Monaten schrieb er neben Predigten auch 26 Hygienekonzepte für Gottesdienste in der Kirche.
Pfarrer Dr. Heiko Jadatz (50). In den vergangenen Corona-Monaten schrieb er neben Predigten auch 26 Hygienekonzepte für Gottesdienste in der Kirche.  © Thomas Türpe

Fragen nach Identität und Identifikation beschäftigen Massen

Zu Ostern feiern die Christen das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Viele Jugendliche haben den Bezug zur Kirche verloren. Sie verbinden mit dem Fest eher Osterhasen und bunte Eier.
Zu Ostern feiern die Christen das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Viele Jugendliche haben den Bezug zur Kirche verloren. Sie verbinden mit dem Fest eher Osterhasen und bunte Eier.  © 123RF

Nur noch zu Weihnachten sind die Kirchen hier voller Menschen. Wie sehr das Interesse an christlichen Inhalten verloren geht, zeigt beispielhaft das mangelhafte Wissen über die Feiertage.

Viele haben keine Ahnung, was Ostern oder Pfingsten überhaupt gefeiert wird und dass an Halloween auch Reformationstag ist. Der Feiertag Christi Himmelfahrt (2022 am 26.5.) ist für Millionen längst nur noch Herren- oder Männertag.

"Ein feste Burg ist unser Gott", singen protestantische Christen in einem Lied von Martin Luther. "My home is my castle" dürfte den meisten geläufiger sein. Das englische Sprichwort steht für einen modernen Trend. Privates und (Haus-)Besitz steht über allem.

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Der Begriff Heimat erlebt eine Renaissance. Fragen nach Identität und Identifikation beschäftigen Massen und sind jetzt wichtiger als die Frage nach der konfessionellen Zugehörigkeit.

Titelfoto: Bildmontage: 123RF, dpa/Daniel Schäfer

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