Aufgeheizte Stimmung in Bautzen: Großaufgebot der Polizei sichert "Christopher Street Day"
Bautzen - Jahrelang war der "Christopher Street Day" (CSD) eher eine bunte, fröhliche Party. Im aktuellen gesellschaftlichen Klima wird er aber wieder deutlich politischer und auch gefährlicher. In Bautzen hatten hunderte Neonazis gegen die Parade mobilisiert.
Ein Großaufgebot der Polizei musste sie absichern.
Bunte Fahnen, Discohits und ernst schauende Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes.
Nachdem bereits die Aftershow-Party des Bautzner CSD aus Sicherheitsgründen abgesagt werden musste, herrschte auf der Parade eine Mischung aus Anspannung und trotziger Feierwut.
Der Grund dafür sammelte sich am Bautzner Hauptbahnhof: Die "Jungen Nationalisten", die sich im Großraum Dresden "Elblandrevolte" nennen, hatten wochenlang und bundesweit mobilisiert.
Tatsächlich waren Neonazis aus allen Ecken Deutschlands angereist, bildeten laut Polizei einen 680-Mann-Demozug.
Auch der CSD hatte Verstärkung von außerhalb. So unterstützte die ehemalige Journalistin und Trans Frau Georgine Kellermann (66) den Aufzug. Die Polizei zählte hier 1020 Teilnehmer, die an der Maria-Martha-Kirche starteten.
Neonazi-Demo folgte dem CSD mit größerem Abstand
Die Neonazis waren vom Hauptbahnhof eine Parallelstraße entlanggezogen, trafen am Friedrich-Engels-Platz in aufgeheizter Stimmung und skandierten dort unter anderem "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!".
Nachdem der CSD vorbeigezogen entspannte sich die Lage, die Polizei ließ die Neonazi-Demo nur mit größerem Abstand folgen.
Einzelne Aktivsten tauchten jedoch immer wieder am Rande der Demonstration, versuchten Teilnehmer einzuschüchtern.
Das Thema Sicherheit spielte auch auf einer ersten Zwischenkundgebung eine Rolle: Eine Rednerin sprach darüber, dass in Bautzen Neonazis bereits wieder zum "Zecken jagen" aufriefen: "Damit wird jede Person als 'Zecke' betrachtet, die aus dem cis-hetero-normativen Raster herausfällt und keine rechtskonservativen bis rechtsextremen Überzeugungen teilt", so die Rednerin. Eine zweite Zwischenkundgebung fand auf dem Kornmarkt statt.
Dort hatten die rechtsextremen "Freien Sachsen" eine Gegenkundgebung mit ihrem Chef Martin Kohlmann (47) angezeigt.
Seiner Rede hörten jedoch nur 40 Teilnehmer zu. Die Neonazi-Demo hinter der CSD-Parade musste in der Steinstraße warten. Zum Unmut von Versammlungsleiter Finley P. hatten sich beträchtliche Teile seiner Demo entfernt, um sich im Lidl mit Bier einzudecken.
Der Rest skandierte "Ost-Ost-Ostdeutschland!" oder rief dazu auf, die Fahne zu verbrennen.
CSD-Abschlusskundgebung auf dem Postplatz
Brenzlig wurde es nochmal wenige Minuten später, als die Neonazi-Demo ebenfalls am Kornmarkt ankam.
War der CSD da schon weg, stand dort eine kleine Kundgebung der "Antiverschwurbelten Aktion", die mit Satire gegen die Rechtsextremisten protestierte.
Die Aktivisten wurden umzingelt, bedroht und vereinzelt mit Plastikflaschen beworfen.
Trotzdem hörten sie nicht auf, sich über die Neonazis lustig zu machen.
Der CSD hielt noch eine Kundgebung vor dem Rathaus, zog dann zur Abschlusskundgebung auf den Postplatz.
Hier bedankte sich Organisator Jonas Löschau (24) bei allen Teilnehmern: "Ihr habt Gesicht gezeigt, ihr habt Flagge gezeigt, ihr habt getanzt, ihr hattet Spaß", sagt er. "Und das ist das, was uns ausmacht: Die da drüben haben nur Hass und wir haben Spaß, haben Zuversicht und ne Menge gute Laune."
Rund um den Platz sammelten sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder Gruppen vermummter Neonazis. Aus Sicherheitsgründen zogen die CSD-Teilnehmer geschlossen zum Bahnhof, reisten von dort ab gegen 18 Uhr ab.
Titelfoto: Bildmontage: Sebastian Willnow/dpa