Sachsen verkauft sein digitales Gold: Bitcoin-Schatz könnte Milliarden bringen
Dresden - Der Coup des Jahres 2024 gelang schon im Januar: Während der Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Betreiber der Internetseite "movie2k" - eine Plattform voller Pornos und raubkopierter Filme - übergab dieser 50.000 Bitcoins an die Behörden. Wert, Stand Sonntag, umgerechnet etwa 2,83 Milliarden Euro. Geld, das der Freistaat dringend gebrauchen kann. Der hat nun offenbar damit begonnen, das digitale Gold umzutauschen. Doch die Behörden müssen vorsichtig sein.
Aber von vorn: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, das LKA Sachsen, das FBI und eine Münchner IT-Firma ermitteln seit Jahren gegen die Hintermänner der Internetseite "movie2k.to".
Zwischen 2008 und 2013 soll das Portal mehr als 880.000 raubkopierte (Schmuddel-)Filme und Serien feilgeboten haben. Ihr Geld verdienten die Beschuldigten - ein 40-jähriger Deutscher und ein 37-jähriger Pole - mit Werbung und Abofallen. Damit kauften sie im großen Stile Bitcoins.
Im laufenden Verfahren hat einer der beiden schon im Januar freiwillig 50.000 Bitcoins an die Behörden übergeben. Sie gehören jetzt offiziell dem Freistaat Sachsen. Laut LKA war das die größte Sicherung von Bitcoins in Deutschland. In dem knappen halben Jahr seitdem stieg deren Wert nochmal um eine knappe Milliarde Euro.
Nun haben die Behörden offenbar damit begonnen, die digitale Währung in Hartgeld umzutauschen.
Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt
Die Analysefirma "Arkham Intelligence" hat die Handelsplätze dafür gut im Blick. Am Donnerstag wies deren Website auf Bewegungen im Konto "German Government (BKA)" ("Deutsche Regierung") hin. Nur über dieses eine Konto darf der Freistaat die Bitcoins verkaufen.
Das Konto hat demnach allein in der letzten Woche Bitcoins im zweistelligen Millionenwert an die ansprechenden Börsen geschickt. Laut Recherchen der "Freien Presse" sind in den vergangenen zwei Wochen 142 Millionen Euro vom deutschen Konto transferiert worden.
Und das, obwohl die Generalstaatsanwaltschaft nach eigenen Angaben noch gar nicht weiß, wie sie mit dem Geld umgehen will. Das Verfahren dazu sei "noch nicht abgeschlossen", hieß es noch letzte Woche.
Nach übereinstimmenden Medienberichten wollte sich Dresden zum jetzigen Transfer nicht äußern.
Sachsens Fiskus braucht ein Wunder
Dabei kommt der Geldsegen gerade recht. Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (61, CDU) hatte diesen Monat eine Haushaltssperre light verhängt. Alle Ressorts sollen noch in diesem Jahr irgendwie 265,1 Millionen Euro einsparen. Denn nach der Mai-Steuerschätzung fehlen dem Freistaat 385 Millionen Euro - ungefähr das Doppelte der jetzt wohl veräußerten Bitcoin-Summe.
Dabei brauchen Sachsens Flughäfen eine Millionen-Spritze zum Überleben, allein den Landkreisen fehlen 833 Millionen Euro in den nächsten Jahren, gigantische Investitionen in den Schulen und Kitas stehen an.
Goldschatz oder Büchse der Pandora?
Warum also nicht einfach alles auf einmal verkaufen? Beim Bitcoin-Handel ist Vorsicht geboten. Denn Bitcoins werden aktuell noch vor allem als Wertanlage benutzt und gehandelt. Dementsprechend schwankt der Kurs teils massiv.
Das zeigte zuletzt die US-Regierung: Ähnlich wie bei den BKA-Transaktionen registrierte Arkham Bewegungen auf dem US-Konto.
Washington hatte im Januar 2024 Bitcoins von einem Darknet-Händler beschlagnahmt. Laut Arkham veräußerte die US-Regierung nun umgerechnet etwa 240 Millionen US-Dollar - und der Bitcoin-Wert sank um 1,37 Prozent in 24 Stunden.
Man muss kein Börsenprofi sein, um zu verstehen, was passieren würde, würde "German Government (BKA)" plötzlich zwei, drei Milliarden Euro veräußern.
Das Glück ist mit den Geduldigen
Wir erinnern uns: Allein im letzten halben Jahr wuchs der Sachsen-Schatz um eine knappe Milliarde - ganz von allein. Weil mit Bitcoins eben spekuliert wird.
Laut dem Analystenhaus Bernstein geht dieser Trend weiter, der Bitcoin-Kurs soll 2025 die 200.000 US-Dollar-Marke reißen. Das wäre eine Steigerung um 227 Prozent. Dann wäre der Sachsen-Schatz plötzlich 6,5 Milliarden Euro groß.
Und auch, wenn für diese Prognose laut "Börse Online" aktuell noch die Anzeichen fehlen: Das Glück ist wohl mit den Geduldigen.
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