Corona-Pandemie hat Impfskepsis vergrößert - Laut Sachsens Impf-Chef "ein riesengroßes Problem"

Von Birgit Zimmermann

Chemnitz - Die Corona-Pandemie wirkt sich nach Einschätzung des Infektiologen Thomas Grünewald (59) noch immer negativ auf die Impfbereitschaft aus. "Die Impfmüdigkeit und die Impfskepsis sind ein riesengroßes Problem", sagte Grünewald, Chef der sächsischen Impfkommission und Leiter der Klinik für Infektionsmedizin in Chemnitz.

Dr. Thomas Grünewald (59): "Die Impfmüdigkeit und die Impfskepsis sind ein riesengroßes Problem". (Archivbild)
Dr. Thomas Grünewald (59): "Die Impfmüdigkeit und die Impfskepsis sind ein riesengroßes Problem". (Archivbild)  © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Hendrik Schmidt

Es gebe Lücken bei den Auffrischungsimpfungen bei Erwachsenen, und auch saisonale Impfungen wie die gegen Influenza, Corona oder RSV würden nicht so genutzt wie erhofft. Selbst auf Standardimpfungen gegen Diphtherie und Kinderlähmung werde verzichtet.

"Es ist leider das Wesen von Pandemien, dass dort der Glaube oder das Vertrauen in die Wissenschaft sinkt. Das ist nicht die erste Pandemie, wo das passiert ist. Aber jetzt erleben wir es live", sagte Grünewald.

Corona habe die Impfskepsis weltweit verstärkt. Sachsen sei dabei sicherlich ein Hotspot.

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Den Trend, dass sich mehr Menschen gegen eine Impfung entscheiden, gebe es schon seit zehn bis fünfzehn Jahren, sagte Grünewald. Während der Pandemie seien die Empfehlungen zum Impfen aber verstärkt als Drangsalierung des mündigen Bürgers verstanden worden.

Diejenigen, die sich gegen Impfungen entschieden hätten, sähen sich als Widerständler gegenüber einem bevormundenden Staat, sagte der Infektiologe.

Corona-Maßnahmen kritisch überdenken

Laut Grünewald gibt es Lücken bei den Auffrischungsimpfungen bei Erwachsenen.
Laut Grünewald gibt es Lücken bei den Auffrischungsimpfungen bei Erwachsenen.  © Stefan Puchner/dpa

Mit Blick auf die laufende Aufarbeitung der Corona-Pandemie in Sachsen sagte Grünewald: "Wir müssen noch mal kritisch unsere Maßnahmen überdenken - was war gut, was war weniger gut."

Aus seiner Sicht ist zum einen die Kommunikation nicht optimal gelaufen. Zum anderen sei es schwierig gewesen, dass die Menschen in Geimpfte und Ungeimpfte unterteilt wurden - vor allem im zunehmenden Verlauf der Pandemie.

Bei den frühen Virusvarianten Wildtyp, Alpha und Delta sei es noch berechtigt gewesen, weil die Impfung da auch dazu beigetragen habe, die Übertragung des Virus zu verhindern. Spätestens seit der Omikron-Variante habe das für die Epidemiologie aber keine wesentliche Rolle mehr gespielt.

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"Maßnahmen sind ja abhängig vom Zeitpunkt einer Pandemie und von der Biologie des Erregers", sagte der Mediziner. Die Veränderung des Erregers geschehe sehr schnell. "Und das ist das große Problem, dass man das den Menschen auch klarmachen muss."

Titelfoto: Montage: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Hendrik Schmidt, Stefan Puchner/dpa

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