In diesem Dorf lebt die DDR weiter
Braunsdorf - Ernst-Thälmann-Straße, Platz der Jugend und sogar eine Straße der LPG: In Braunsdorf (gehört heute zu Wilsdruff) lebt die DDR im Straßenbild weiter. Während viele ostdeutsche Kommunen nach der Wende ihre Straßen umbenannten, blieb das in Braunsdorf aus.
Ortschronist Erhart Heinze (91) ist Ur-Braunsdorfer. "Bis 1960 hatten wir keine richtigen Straßennamen", erinnert sich der damalige Ortsausschussvorsitzende.
Seine Adresse, die nur "14C" hieß, wurde in Ernst-Thälmann-Straße umbenannt. "Das ging von SED-Kadern der Gemeindevertretung aus." Etwa jede zweite Straße erhielt einen typisch sozialistischen Namen.
Neben den "Klassikern" Maxim Gorki, Karl Marx, Erich Weinert wurden auch zum Ort passende Namen gefunden. Als Straße der LPG ("Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft") wurde jener Weg bezeichnet, wo sich damals viele Bauern neu angesiedelt hatten, die Felder des früheren Ritterguts bewirtschafteten.
Oder die Straße der MTS: "An der Maschinen- und Traktorenstation konnten die Bauern damals Gerätschaften ausleihen", erklärt Heinze.
Nach dem Mauerfall wollte der neue Bürgermeister (ein Wessi) die sozialistischen Namen tilgen. Als Ersatz war Michail Gorbatschow oder auch George Bush im Gespräch. "Das fand aber keine Zustimmung. Wir hatten auch Wichtigeres zu tun", erinnert sich Heinze. Und heute? "Die Jugend weiß nicht mehr was LPG oder MTS heißt. Darum würde ich gerne einige Hinweisschilder zur Historie anbringen."
Das kann sich auch Bürgermeister Ralf Rother (47, CDU) vorstellen. "Mir ist es persönlich sehr wichtig, die örtlichen Entscheidungsträger in ihren Angelegenheiten zu unterstützen. Die Idee mit der zusätzlichen Erläuterung von historischen Namensschildern, ist in Wilsdruff bereits an einigen Stellen umgesetzt."
Titelfoto: Christian Juppe