Ausländerfeindlichkeit in Sachsen: Firmenchefs bangen um Mitarbeiter
Dresden - Angesichts der hohen Zustimmungswerte für die AfD und der vehement geführten Diskussionen über die Themenfelder Migration, Obergrenze und Asyl warnen Experten vor zunehmender Ausländerfeindlichkeit. Sie könnte in Verbindung mit dem Fachkräftemangel den Wirtschaftsstandort Sachsen gefährden.
Ob Industrie, Gesundheitswesen oder Wissenschaft - der Fachkräftemangel hat sich längst zu einem Arbeitskräftemangel ausgeweitet. Doch der erstarkende Rechtsextremismus in Sachsen erschwere die Anwerbung internationaler Fachkräfte, machte die Personalleiterin des Dresdener Infineon-Werkes Silke Gottschlich am vorgestrigen Montag im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Capital klar.
Im Mai dieses Jahres verzeichnete die Bundesarbeitsagentur Chemnitz 39.500 freie Stellen und damit 6590 mehr als vor einem Jahr. Sachsens Staatsregierung wirbt in Kasachstan, Vietnam oder Brasilien um Fach- und Arbeitskräfte.
Laut Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (45, CDU) kann der Fachkräftebedarf in der sächsischen Wissenschaft nur durch eine gezielte Zuwanderung gedeckt werden. Demgegenüber stehen auch und gerade in Sachsen weit verbreitete fremdenfeindliche Haltungen.
Laut einer groß angelegten Studie der Universität Leipzig zu rechtsextremen Einstellungen in den ostdeutschen Bundesländern unterstützen fast 70 Prozent die ausländerfeindliche Aussage, dass Ausländer nur nach Deutschland kommen, um den Sozialstaat auszunutzen.
Auch bei Infineon gilt Toleranz-Politik gegen Diskriminierung
"Als ich nach Dresden kam, bin ich selbst über die Montags-Demos erschrocken", meint auch der Geschäftsführer der Elbeflugzeugwerke (EFW), Jordi Boto (54).
Die EFW haben ein "Buddy-System" eingeführt, bei dem ein deutscher Kollege mit einem ausländischen fest zusammenarbeitet - fachlicher Austausch und Abbau von Ressentiments. "Daraus haben sich schon feste Freundschaften entwickelt", so Boto.
Bei Infineon gilt auf dem Werksgelände eine Null-Toleranz-Politik gegen Diskriminierung. Das Unternehmen habe aber keinen Einfluss darauf, wie Mitarbeiter aus dem Ausland außerhalb der Werkstore empfangen würden, sagte Gottschlich.
Sie wünsche sich da "von der Politik und von der Gesellschaft einen deutlich größeren Beitrag".
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