Auf der Spur der NSU-Mörder in Chemnitz und Zwickau: Oberbürgemeister äußern Kritik
Chemnitz/Zwickau - Sachsen könnte bis 2028 ein Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex in Chemnitz und Zwickau bekommen. Das ist das Ergebnis einer am Freitag vorgestellten Machbarkeitsstudie.
Ein erstes Interim soll vorab im Rahmen der Kulturhauptstadt 2025 in Chemnitz entstehen. Dreh- und Angelpunkt dabei ist die Perspektive der vom NSU-Terror Betroffenen, eine Dokumentation über die Verbrechen und die Ermittlungen dazu.
Kooperationen mit lokalen Partnern sollen die Verbindung in die Orte der Anschläge knüpfen, unter anderem nach Heilbronn (Baden-Württemberg) und Kassel (Hessen).
Die Konzeption stammt von der Opferberatung Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Sachsen) und dem Verein ASA-FF aus Chemnitz. "Die Studie zeigt erstmals, dass das Projekt realisierbar ist", sagte RAA Sachsen-Geschäftsführer Robert Kusche.
NSU steht für "Nationalsozialistischer Untergrund". Hauptakteure waren Uwe Bönhardt (†34), Uwe Mundlos (†38) und Beate Zschäpe (47). Von Sachsen aus verübten sie zwischen 2000 und 2006 neun rassistisch motivierte Morde, die für internationales Aufsehen sorgten.
Oberbürgermeister von Chemnitz und Zwickau wollen miteinbezogen werden
Demokratieministerin Katja Meier (43, Grüne) und Sozialministerin Petra Köpping (64, SPD) begrüßten die Pläne. Die Regierungsparteien CDU, Grüne und SPD hatten die Schaffung des Dokumentationszentrums im Koalitionsvertrag vereinbart.
Kritik hingegen kam aus den möglichen Standorten für die Gedenkstätten. Die beiden Oberbürgermeister von Chemnitz und Zwickau, Sven Schulze (51, SPD) und Constance Arndt (45, Bürger für Zwickau) sprachen sich gegen eine Konzentration des Gedenkens in den beiden Städten aus. Auch gegenüber dem Vorschlag für das Zentrum eine Stiftung zu errichten, zeigten sie sich skeptisch.
Die Oberbürgermeister forderten, die jeweiligen Stadtgesellschaften in den weiteren Prozess einzubeziehen. Auch mit dem Blick auf die aktuelle Haushaltslage des Landes und der Kommune solle ihrer Meinung nach der Fokus auf der politischen Bildung und Demokratiebildung liegen.
"Diese intensivierte Bildungsarbeit leistet einen wichtigen Beitrag, um politischem Extremismus zu begegnen und Taten wie die des NSU zu verhindern." Sie sprachen sich auch dafür aus, das Thema NSU verstärkt in Lehrplänen der Schulen zu verankern.
Es gab auch lobende Worte!
Doch es gab am Freitag auch lobende Worte zu dem vorgestellten Konzept. Linke-Politikerin Kerstin Köditz (56): "Die heute vorgestellte Konzeption ist ein riesiger Schritt auf dem langen Weg zu einem dauerhaften Dokumentationszentrum zur Aufarbeitung des NSU-Komplexes."
Auch die Auswahl von Chemnitz und Zwickau als Doppel-Standort finde sie richtig. Es gehe nicht darum, auf einen bestimmten Ort zu zeigen, betonte Köditz. "Stattdessen liegt eine große Chance darin, von dort aus, wo sich einst die Rechtsterroristen mit Unterstützung aus der Szene verborgen hielten, starke Impulse für demokratisches Engagement zu geben."
Die Regierung sei nun in der Verantwortung, die Umsetzung des Konzepts zu forcieren, mahnte Köditz. Dazu müssten die Finanzierung und die Unabhängigkeit des Projekts gesichert werden.
Titelfoto: Uwe Meinhold