Arzneimittelmangel in Sachsen: Wenn der Apotheker nicht mal mehr Antibiotika hat

Dresden/Burgstädt - Arzneimittelknappheit und kein Ende: Apotheker Jürgen Hoffmann (62) aus Burgstädt (Kreis Mittelsachsen) muss regelmäßig Eltern vertrösten, die nach Antibiotika für ihre Kinder fragen. Ein generelles Problem, heißt es vom Sächsischen Apothekerverband (SAV). Der Druck auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (60, SPD) wächst.

Apotheker Jürgen Hoffmann (62) ist manchmal ratlos. Obwohl einer seiner Mitarbeiter ausschließlich mit der Beschaffung und Bestellung von Medikamenten beschäftigt ist, sind manche Präparate einfach nicht zu bekommen.
Apotheker Jürgen Hoffmann (62) ist manchmal ratlos. Obwohl einer seiner Mitarbeiter ausschließlich mit der Beschaffung und Bestellung von Medikamenten beschäftigt ist, sind manche Präparate einfach nicht zu bekommen.  © Sven Gleisberg

"Wir haben keine Penicilline für Kinder mehr", sagt Hoffmann. Einzige Alternative: ein Reservemedikament, das allerdings nur im Notfall eingesetzt wird, da die Gefahr von Resistenzen groß ist. Hoffmann kann nur rumtelefonieren und fragen, ob Kollegen zufällig noch Saft oder Tabletten haben.

"Aber die meisten Eltern wollen sich selbst kümmern", so Hoffmann. Einer seiner zehn Mitarbeiter kümmert sich ausschließlich um die Medikamentenbeschaffung. "Wären die Apotheken nicht so auf Draht, wäre das System schon lange zusammengebrochen."

Aber nicht nur Antibiotika fehlen. Auf der roten Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen zurzeit 475 Einträge.

Kein Ende in Sicht

Die Liste der nicht lieferbaren Medikamente ist lang. Fast 500 Artikel stehen darauf.
Die Liste der nicht lieferbaren Medikamente ist lang. Fast 500 Artikel stehen darauf.  © Sven Gleisberg
Viele Regale in Hoffmanns Schwanen-Apotheke in Burgstädt (Kreis Mittelsachsen) sind derzeit leer.
Viele Regale in Hoffmanns Schwanen-Apotheke in Burgstädt (Kreis Mittelsachsen) sind derzeit leer.  © Sven Gleisberg
Derzeit fehlt vor allem Penicillin für Kinder - eigentlich überall.
Derzeit fehlt vor allem Penicillin für Kinder - eigentlich überall.  © picture alliance/dpa/dpa-tmn/Andrea Warnecke

"Da sind ganz viele Arzneimittelgruppen vertreten wie Blutdruckmittel, Cholesterinsenker, Psychopharmaka oder Schmerzmittel", sagt SAV-Vize Reinhard Groß (59), Apotheker aus Zwickau. Ein Ende der Lieferengpässe sieht er nicht - im Gegenteil. "Wir stehen möglicherweise erst am Anfang dieser Entwicklung."

Längst ist das Thema zum Politikum geworden: Ende März starteten die Freie Apothekerschaft (FA) und die IG Med in Berlin die Protestaktion "Der letzte Kittel".

Dort will auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (58, CSU) bei einem Pharmagipfel in der nächsten Woche Maßnahmen präsentieren, um die Versorgung wieder anzukurbeln. Bisher verwalte die Politik die Engpässe, statt die Situation grundlegend zu ändern, meint Apotheker Groß.

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Aber: "Das Aufheben der Festbeträge und damit die Möglichkeit einer Preiserhöhung nach einer langen Phase, in denen die Preise immer weiter abgesenkt wurden, ist ein Weg in die richtige Richtung."

Titelfoto: Bildmontage: Sven Gleisberg

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