"Anzeigenhauptmeister" als Vorbild? Bürgeranzeigen wegen Parkverstößen nehmen rasant zu
Leipzig - Die Zahl der Bürgeranzeigen gegen Falschparker hat in Sachsen enorm zugenommen.
In der Landeshauptstadt Dresden wurden im Vorjahr 14.508 Anzeigen von Bürgern registriert, vier Jahre zuvor waren es lediglich 5146, wie die Stadt auf Anfrage mitteilte. Dabei war die Gesamtzahl der Anzeigen von mehr als 211.000 auf gut 147.200 zurückgegangen.
In der Leipziger zentralen Bußgeldbehörde gingen im Jahr 2023 insgesamt 199.771 Ordnungswidrigkeitenanzeigen zu Verstößen im ruhenden Straßenverkehr ein. Davon waren 14.136 sogenannte Privatanzeigen. Verlässliche Zahlen aus den Vorjahren lagen nicht vor.
In Chemnitz hatte sich die Anzahl in den beiden vergangenen Jahren verdoppelt. Genutzt würden vermehrt Anzeigemeldeportale wie "weg.li".
Das Ordnungsamt sieht diese Portale kritisch. Der eigentliche Sinn und Zweck einer Bürgeranzeige werde dadurch gewissermaßen "unterlaufen", da Bürgerinnen und Bürger damit "regelrecht dazu animiert werden, andere Bürger:innen oder ihre Nachbarschaft bei Verstößen anzuzeigen", hieß es.
Nicht selten arte dies dann in einer "Anzeigeflut" aus, indem die Anzeigeerstatter ganze Straßenzüge ablaufen und Verstöße zur Anzeige bringen würden. Grundsätzlich sei die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten eine hoheitliche Aufgabe und obliege den Mitarbeitenden der zuständigen Behörde.
Massenhafte Anzeigenerstattung wird kritisch gesehen
Die Bußgeldbehörde Dresden favorisiert derartige Anzeigen weder noch lehnt sie diese ab. Die Bearbeitung von Bürgeranzeigen gehöre zum Tagesgeschäft, hieß es. Bei der Bearbeitung gelte der Opportunitätsgrundsatz.
Dies bedeute, dass die Verfolgung von Bürgeranzeigen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde liege. Der Vorteil von Anzeigen über die "weg.li"-App sei, dass alle wichtigen Daten zum Verstoß abgefragt würden. Das erspart den Sachbearbeitern bei der Prüfung der Vorgänge etwaige Nachfragen beim Anzeigeerstatter.
In Leipzig werden solche Anzeigen differenziert bewertet. In vielen Anzeigen würden schützenswerte Eigeninteressen verfolgt.
"Andererseits gibt es allerdings auch das Phänomen massenhafter Anzeigenerstattungen durch einzelne Personen, ohne das damit erkennbare schützenswerte Eigeninteressen verfolgt werden."
Dies werde von der Behörde durchaus kritisch gesehen, denn nicht nur die Verfolgung, sondern eben auch die Ermittlung von Ordnungswidrigkeiten obliege in erster Linie dem Gewaltmonopol des Staates.
Titelfoto: Christin Klose/dpa-tmn