6G: Dresdner Prof. verrät, was es kann, wann es kommt, wofür es gebraucht wird
Sachsen - Die Einführung von 5G im Jahr 2019 war ein Quantensprung, meint Prof. Frank Fitzek (53) vom Deutsche Telekom Lehrstuhl für Kommunikationsnetze an der TU Dresden. Seit nunmehr vier Jahren forscht er mit seinem Team zur neuen Generation, dem 6G. Wir sprachen mit ihm darüber, was uns die neue Mobilfunk-Zukunft bringt.
TAG24: Prof. Fitzek, wenn wir über 6G sprechen, was heißt das?
Prof. Frank Fitzek: 6G ist die sechste Generation des Mobilfunks. Bei 5G haben wir zum ersten Mal gesagt, wir brauchen nicht nur Kommunikation für die Menschen, sondern auch die Möglichkeit, Roboter und Autos der Zukunft zu steuern. 6G ist da nicht so viel anders. Die Anwendungsgebiete sind die gleichen. Die Frage ist also, warum brauchen wir noch bisschen mehr? Denn eigentlich brauchen wir keine Generation mehr.
TAG24: Warum nicht?
Prof. Fitzek: Man sagt, pro Generation braucht man etwa zehn Jahre für die Hardware. Aber bei 5G braucht es keine Hardware mehr, denn es wird alles mit Software gemacht, die man einfach updaten kann.
TAG24: Woran forschen Sie also bei 6G?
Prof. Fitzek: Damit wir etwas substanziell anders machen konnten, haben wir uns Fragen gestellt wie: Wie gut ist die Technik, wie resilient? Noch wichtiger ist die technische Souveränität. Kriegen wir es hin, die Technologie, von der die Gesellschaft mehr und mehr abhängig wird, selber hier herzustellen? Und wie kann man den Energiebedarf dieser Netze decken? Das sind einige der Themen, die wir im Zusammenhang mit 6G bearbeiten.
Wann werden wir 6G-Mobilfunk haben?
TAG24: Schon bei 5G war ein Wettstreit darum entbrannt, welches Land als Erstes die höchsten Frequenzen erreicht. Bei 6G ist das nicht viel anders.
Prof. Fitzek: Bei 6G sind die Frequenzen gar nicht mehr so wichtig. Die wurden noch nicht mal vergeben. Diese Wettrennen sind also lächerlich. Wer braucht denn noch größere Datenraten? Viel wichtiger als, wie viel Bit pro Sekunde ich übertragen kann, ist, wann ist das Bit da.
TAG24: Damit meinen Sie die Latenzen, also Verzögerungszeiten? Bei 5G hatte man eine Millisekunde angepeilt.
Prof. Fitzek: Das ist richtig. Der größte Feind dieser Millisekunde ist die Distanz. Wir sind inzwischen so weit, dass wir vier bis acht Millisekunden vorhersagen können, sodass man gar nicht mehr merkt, dass da eine Verzögerung da ist. Da werden wir immer besser.
TAG24: Wann werden wir 6G haben?
Prof. Fitzek: Man sagt etwa 2030. Aber das wird diesmal nicht so der Switch, sondern ein kontinuierliches Aufbauen.
Themen der 6G-Forschung
An vier sogenannten Forschungs-Hubs, die mit Bundesmitteln gefördert werden, wird in Deutschland zum Thema 6G geforscht. An der TU Dresden nennt sich dieser "6G-life". Die Exzellenzuni kooperiert dabei mit der TU München. Einige Schwerpunkte sind:
• 6G-Kommunikationsnetze mit Blick auf die Mensch-Maschine-Kooperation (MMK), bei der Mensch und Maschine quasi Hand in Hand arbeiten.
• Technologie-Souveränität für 6G-Netze durch Unabhängigkeit von bestimmten Herstellern. So soll die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland angesiedelt sein.
• Nachhaltigkeit: Der Energieverbauch soll künftig mit zunehmendem Datenvolumen nicht mitwachsen.
• Reduktion der Verzögerungszeiten bei Datenübertragungen, insbesondere in kritischen Sektoren wie der Medizin.
Start-ups machen die 6G-Forschung sichtbar
Eng verknüpft mit dem Forschungsprojekt "6G-life" sind zahlreiche Start-ups, mit deren Hilfe die Theorie in die Praxis überführt wird.
So sind insgesamt 28 Start-ups beteiligt, von denen zwölf aus "6G-life" heraus gegründet wurden. "Ecologic computing" zum Beispiel bietet für energiefressende Rechenleistungen alternative Plattformen an - von analog über biologisch bis zum Quantencomputer.
"Evasive" macht das Arbeiten mehrerer Roboter im gleichen Arbeitsfeld möglich und "veiio" entwickelt einen digitalen Assistentin im Bereich der Physiotherapie.
5G ist oft noch 4G
Ehe 6G Einzug in Deutschland halten wird, muss zunächst 5G flächendeckend etabliert werden. Denn anders als viele glauben, steckt in 5G eben meistens noch nicht 5G drin.
"Was alle auf dem Telefon als 5G sehen, ist eigentlich 4G. Das sind nur die Frequenzen, die wir benutzen, aber das Netz dahinter ist immer noch 4G", erklärt Frank Fitzek.
"Es gibt verschiedene Sub-Stufen, sogenannte Releases. Wir haben jetzt Release 15." Dieses teile sich in das alte 4G- und das neue 5G-Netz.
"5G standalone kommt jetzt langsam", meint der TU-Professor. Release 21 werde dann wahrscheinlich 6G bringen.
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