24-Stunden-Lösungen: Sind Automaten die moderne Antwort auf Personalmangel?
Sachsen - An nahezu jedem Schaufenster prangt ein Schild "Mitarbeiter gesucht" - sowohl im Einzelhandel als auch in der Gastronomie. Während in Städten aufgrund der hohen Kundenanzahl die gestiegenen Personalkosten noch abgefangen werden, setzt sich das Laden- und Kneipensterben auf dem Lande wegen des teuren und knappen Personals unvermindert fort. In Sachsen stehen mehrere Automaten-Anbieter in den Startlöchern, welche diese Lücke füllen und unser Einkaufsverhalten künftig ändern wollen. Hier sind sieben 24/7-Ideen, die gerade etabliert werden.
Container-Späti
In großen Städten gibt es für Abendeinkäufe eine gewachsene Späti-Kultur - noch. Denn eigentlich dürfen sie nach 22 Uhr und an Sonntagen wegen des strickten Ladenschlussgesetzes in Sachsen nicht öffnen und geraten durch die Ordnungsämter zunehmend unter Druck.
Daher plant der Leipziger Zoltán Teremi gleich 50 Automaten-Container in Leipzig und perspektivisch 150 weitere in Deutschland.
Im März wurde der dritte Container aufgestellt. Darin stehen mehrere Verkaufsautomaten, wie man sie auch von Bahnhöfen kennt. Sie sind mit über 500 Produkten gefüllt, auch Butter und Windeln findet man hier.
Doch der Unternehmer hat einen auch so überarbeitet, dass er ganze Bierkästen verkaufen kann. Eine Herausforderung ist noch die Altersverifizierung für Alkohol und Tabak, doch nach mehrmaligen Versuchen bekommt man auch das hin.
Info: einkauf-24h.de
Shop-Roboter
Seit neun Wochen steht im Erholungsgebiet Hainer See (Landkreis Leipzig) ein Pilotprojekt, welches von Sachsen aus ganz Deutschland aufrollen will. In dem zwölf Meter langen Container kann man rund um die Uhr einkaufen, derzeit sind 565 unterschiedliche Produkte auf Lager.
Die Waren sieht man allerdings nicht, man stellt seinen Einkauf an einem der großen Bildschirme oder bereits vorher auf einer Handy-App zusammen. Nach der bargeldlosen Bezahlung hört man im Hintergrund ein Rumpeln - über Roboterarme und Förderbänder werden die Produkte in den Kundenraum gefahren.
Obwohl das Angebot für Wassersportler, Camper und Erholungssuchende in der Hauptsaison gedacht ist, kaufen bereits jetzt viele der 400 Einwohner aus dem benachbarten Kahnsdorf hier ein. Denn der nächste Laden und die nächste Tankstelle sind mindestens sieben Kilometer entfernt.
Info: boxandshop.de
"Herr Anton"
Bereits im Mai 2022 - noch unter dem Eindruck der langen Lockdowns - eröffnete in Zwönitz der erste 24-Stunden-Laden im Erzgebirge. Im Verkaufsraum halten verschiedene Automaten etwa 250 Artikel bereit.
Das Konzept kommt von einer Firma aus dem Münsterland, die unter dem Namen "Herr Anton" bereits 24 Läden in Deutschland ausgestattet hat. Neben Karten- und Handyzahlung wird Bargeld akzeptiert.
In Zwönitz betreibt den Laden Alexander Schnerrer, Inhaber des Gasthauses "Zur Börse". Neben den Waren des täglichen Bedarfs und regionalen Produkten findet man hier auch aus seiner Küche den leckeren Flecke-Eintopf, Rinderroulade oder Ochsenbäckchen im Einweckglas.
Besonders am Wochenende und in den späten Abendstunden ist der Laden gut frequentiert. Ob sich die Einrichtung auf Dauer rentiert, soll im kommenden Jahr entschieden werden.
Info: herr-anton.com
Pizza-Bäcker
Vor einem knappen Jahr wurde in Neukieritzsch der erste Pizza-Automat Sachsens aufgestellt. Er steht am Grundstück eines alternativen Landwirtschaftsbetriebes und ist Tag wie Nacht gut besucht.
Daniel Wedel von der Buffalo-Ranch: "In unserer Stadt wartet man 90 bis 120 Minuten, bis ein Lieferant aus Borna oder Zwenkau warmes Essen bringt. Eine Alternative musste her." Seither wurden schon mehr als 10.000 Pizzen verkauft.
Elf verschiedene Sorten (zwischen neun und zehn Euro) warten gut gekühlt auf die Bestellung. Nach etwa fünf Minuten kommt der heiße Gaumenschmaus frisch zubereitet in einem Karton aus dem Schlitz. Ein zusätzlicher Getränkeautomat rundet das Angebot ab.
Info: buffalo-ranch.de
"Rewe Ready" und "Tante Enso"
Auch Rewe steigt jetzt ins 24/7-Geschäft ein. Der erste Ready-Verkaufsautomat steht im Olipark Oberlichtenau, weitere sächsische Standorte sind in der Pipeline.
Von der Geldkarte werden am Terminal zunächst 15 Euro vorgebucht. Gewichtssensoren erkennen dann, welche Waren man entnommen hat. Nach einem Countdown schließen sich die Türen und der Einkauf wird abgewickelt.
Seit Anfang des Jahres gibt es einen Tante-Enso-Laden in Falkenau bei Flöha, der nächste sächsische öffnet bald in Kohren-Salis bei Frohburg. Vor Ort müssen mindestens 300 Leute einer Genossenschaft beitreten.
Der Laden kann außerhalb der regulären Öffnungszeiten von jedem Berechtigten mit Chipkarte betreten werden. Den Einkauf scannt man selbst ein.
"New Age"-Küche
Zu jeder Tag- und Nachtzeit ein frisch zubereitetes warmes Essen aus dem Automaten erhalten? Was etwas an "Raumschiff Enterprise" erinnert, ist in Freiberg schon Realität. Das Gastronomenpaar Odette und Abdelilah Lamkhizni haben einen asiatischen Hersteller angeregt, seine Automaten auf europäische Bedürfnisse anzupassen. Vier davon sind bereits im Einsatz, etwa in einem Gewerbegebiet in Freiberg oder im Landratsamt Mittweida.
Nach wöchentlich wechselnder Karte stehen sechs Hauptgerichte der deutschen und marokkanischen Küche (ab 6,50 Euro) zur Verfügung - etwa Rinderzunge, Bulgur-Pfanne oder Fisch-Bowl. Sie werden erst in der Küche frisch zubereitet und später per Knopfdruck vom Automaten auf die geeignete Temperatur erwärmt und in einer Mehrwegschale ausgegeben. Das Angebot läuft sehr gut in Betrieben, welche keine eigene Kantine haben oder auch Schichtarbeiter bedienen wollen.
Dieses Konzept ist unter dem Logo "New Age of Food" auch beim aktuellen Start-up-Wettbewerb futureSax dabei. Die Gründung einer Franchise ist geplant, damit auch andere Gastronomen ihre Speisen mit geringem Personalaufwand unter die Leute bringen können.
Info: naf-halsbach.de
Titelfoto: Montage: Uwe Meinhold, Kristin Schmidt, Ralf Seegers