Wissenschaftler prüfen Möglichkeiten für Wasserstoffversorgung
Bitterfeld/Leipzig - Können Leitungssysteme zur Gasversorgung statt Erdgas auch Wasserstoff verteilen? Dieser Frage gehen Forscherinnen und Forscher der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) nach.
"Ziel bei dem Projekt ist es zu zeigen, ob die Leitungen, die wir heute in der Gasversorgung einsetzen - das sind zum großen Teil Kunststoffleitungen, die in den letzten 30 Jahren so verbaut wurden - auch für Wasserstoff genutzt werden können", sagt HTWK-Professor Robert Huhn, der seit 2019 Teil des Projektes ist.
Ergebnisse generieren er und sein Team auf einem rund zwei Hektar großen Testfeld in Bitterfeld-Wolfen. "Es bahnt sich an, dass das relativ gut funktioniert", sagt Huhn.
Die Forschungsarbeiten in dem sogenannten Wasserstoffdorf liefen bereits seit 2016, erläutert der Ingenieur, der an der Technischen Universität Dresden zum Thema Wärmespeicherung promoviert hat.
Dem jetzigen Projekt "H2Infra" geht das Projekt "H2-Netz" voraus, das bis 2021 lief.
"Das aktuelle Projekt ist bis 2024 angesetzt. Darin untersuchen wir auch Fragen, die in dem Vorgängerprojekt offen geblieben oder neu aufgekommen sind", so Huhn.
So solle zum Beispiel geklärt werden, wie dem Wasserstoff ein geeigneter Geruchsstoff zugemischt werden kann, damit man das Gas im Falle einer Leckage wahrnimmt, um unkontrolliertem Austritt und damit auch Explosionen vorzubeugen.
Umstellung auf Wasserstoff steht noch in den Sternen
Im Sommer sollen weitere Komponenten im Feldtest untersucht werden, die bereits im Labor vorgetestet werden.
"Es soll geprüft werden, was passiert, wenn durch die Leitungssysteme reiner Wasserstoff statt Erdgas strömt." Sollte sich das Ergebnis bestätigen, dass die vorhandenen Leitungen auch für Wasserstoff genutzt werden können, könnten bestehende Netze, in die in der Vergangenheit Milliarden investiert wurden, umgestellt werden, erklärt der Professor.
Nur an bestimmten Stellen müssten Komponenten ausgetauscht werden, sagt Huhn. "Das könnten unter anderem Mengenzähler sein, weil Wasserstoff eine andere Dichte und Viskosität als Erdgas hat."
Sinnvoll sei es, Wasserstoff vor allem in Industriezweigen einzusetzen. "Größere Mengen, mit denen man dann zusätzlich auch private Haushalte versorgen könnte, müssten sicherlich zu großen Teilen importiert werden."
Wann die Netze umgestellt werden können, sei jedoch für den Wissenschaftler zunächst nicht entscheidend: "Die Frage ist, wann und ob der Wasserstoff kommt." Alternative Technologien wie Wärmepumpen brauchten wiederum Strom, wofür Stromnetze ausgebaut werden müssten.
"Das sind alles Abwägungen, die getroffen werden müssten, um einschätzen zu können, was zielführend und machbar ist", sagt der Professor. Sollte die Entscheidung für die Versorgung mit Wasserstoff fallen, gäbe es für eine Umstellung bereits entsprechende Pläne.
Titelfoto: Waltraud Grubitzsch/dpa