Desire fällt auf Autobahn in Sekundenschlaf, verunglückt schwer und kann seitdem nicht mehr laufen
Giersleben - Es ist Valentinstag. Desire Behrend ist auf dem Weg zu ihrem Freund, will mit ihm einen gemütlichen Abend verbringen. Doch dazu kommt es nicht, weil die junge Frau in einen Sekundenschlaf fällt, einen Unfall verursacht - und seitdem querschnittsgelähmt ist.
Am 14. Februar 2015 ist die damals 21-Jährige mit ihrem kleinen Toyota auf der jetzigen A36 in Sachsen-Anhalt unterwegs.
Gegen 18.30 Uhr fallen ihr zwischen den Anschlussstellen Hoym/Nachterstedt und Quedlinburg die Augen zu, sie hat einen Sekundenschlaf. "Ich bin auf die linke Fahrbahn rübergezogen und kurz vor der Mittelleitplanke wach geworden, habe dann das Lenkrad rumgerissen und bin mit voller Wucht und 100 km/h in den Hügel reingeknallt", erzählt sie in der RTL-Sendung "Extra".
Der Sekundenschlaf kommt aus dem Nichts. Sie bekommt keine schweren Augen, ist nicht müde - im Gegenteil. Weil sie an diesem Tag frei hat, ist sie sogar ausgeschlafen, fühlt sich fit.
Die gelernte Krankenpflegerin ist nach dem heftigen Aufprall, der ihren Kleinwagen zerstörte, bei Bewusstsein, wählt selbst den Notruf, informiert ihren damaligen Freund.
"Ich war noch normal angeschnallt, meine Beine hingen aber aus dem Fenster. Ich konnte sie nicht wieder reinbewegen, weil die Querschnittslähmung da schon passiert war, was ich in dem Moment aber noch nicht wusste." Lediglich höllische Schmerzen im Rücken verspürt Desire in dem Moment.
Desire Behrend nach Sekundenschlaf-Unfall querschnittsgelähmt: "Eine Welt ist zusammengebrochen!"
Am nächsten Morgen befinden sich Desires Familie und ihr Freund im Krankenhaus, als Ärzte und Pfleger das Zimmer betreten und ihr einen Tag vor ihrem 22. Geburtstag mitteilen, dass sie querschnittsgelähmt ist und wahrscheinlich nie wieder laufen könne: "Da ist eine komplette Welt für mich zusammengebrochen!"
Von jetzt auf gleich änderte sich das komplette Leben der Frau. Ihrem Job als Krankenpflegehelferin in einer Klinik konnte sie nicht mehr nachgehen.
Sie arbeitete zwischenzeitlich in einem Sanitätshaus und begann eine Ausbildung bei der Stadt, die sie aber frühzeitig abbrach. Seit einem guten Jahr ist die 28-Jährige als Telefonberaterin bei einer großen Krankenkasse tätig, kann mehrmals wöchentlich von daheim arbeiten, wie sie TAG24 erzählt.
Mit ihrem neuen Partner lebt sie in einem Haus in Giersleben, das im Bungalow-Stil und somit barrierefrei gebaut wurde. Außerdem fährt Desire einen umgebauten Mercedes mit Handgaseinrichtung.
Und auch erste Gehversuche konnte die Sachsen-Anhalterin bereits unternehmen. Mithilfe eines Exoskeletts, einem umgangssprachlichen Roboteranzug, setzt sie regelmäßig Fuß vor Fuß. "Das tut meinem Körper gut. Es beugt zum Beispiel Verkürzungen der Sehnen vor, ist gut für die Verdauung und gut für die Knochendichte", so Desire zu TAG24.
Mit ihrer Geschichte will sie andere Menschen warnen und so vor einem ähnlichen Schicksal bewahren: "Wenn die Augen schwer werden oder man sich nicht gut fühlt, sollte man die Vernunft haben und kurz anhalten oder gar nicht erst losfahren!"
Schlafmediziner sicher: Sekundenschlaf kann man schwer kontrollieren, "es ist quasi unmöglich"
Die Statistiken zu Unfällen wie dem von Desire sind erschreckend. Ganze 25 Prozent aller Verkehrstoten in Deutschland gehen auf einen Sekundenschlaf zurück!
Schlafmediziner Dr. Jaroslaw Janicki weiß, dass die Gefahr immer mitfährt: "Man kann das selbst sehr schwer kontrollieren, es ist quasi unmöglich. In dem Moment meinen sie, wach zu sein, Sekunden später sind sie weg", sagte er bei "Extra".
Wer aber sogar wissentlich geistig oder körperlich nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, "kann bei Gefährdung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt werden", schreibt der ADAC.
Fahrlehrer Achim Eich aus Erftstadt kennt die Statistiken ebenfalls. "Die sagen ja ganz klar, dass Unfälle wegen Einschlafens am Ende der Fahrt passieren, kurz vor Erreichen des Ziels, weil die Leute sagen, die paar Kilometer schaffe ich noch."
Und ADAC-Fahrsicherheitstrainer Michael Tück gibt zu Bedenken, dass sich Fahrzeugführer nach einer wegen Müdigkeit eingelegten Pause zwar wieder fit fühlen: "Aber die Müdigkeit ist wie schwere Pflastersteine im Rucksack. Kurz nach dem Losfahren zieht's dich wieder runter."
Den ganzen Beitrag findet Ihr auf Abruf bei TVNOW (Desire ist ab Minute 11:35 zu sehen).
Titelfoto: Bildmontage: privat