Anwerben von Arbeitskräften: Schlammschlacht um Landtagspräsident Schellenberger
Magdeburg - Viel Kritik gab es für das Vorgehen von Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (63, CDU), Arbeitskräfte aus Usbekistan anzuwerben. Die Opposition wirft ihm vor, Kompetenzen überschritten zu haben. Jetzt muss er eine Niederlage einstecken.
Die Landesregierung verfolgt Pläne für ein umstrittenes Anwerbeabkommen mit Usbekistan nicht weiter. Man beabsichtige nicht, "diesen Weg für Anwerbungen von Fachkräften aus Usbekistan weiter zu beschreiten", heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen.
Der Entwurf eines Kooperationsabkommens sei bisher auch nicht unterzeichnet worden. Damit findet das Vorgehen von Landtagspräsident Gunnar Schellenberger zunächst ein Ende.
Wie aus den Antworten der Landesregierung hervorgeht, ging es bei dem Abkommen darum, in den Jahren 2024 bis 2028 rund 5000 usbekische Arbeits- und Nachwuchskräfte für den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt zu gewinnen.
Schellenberger erklärte nach Aufkommen der Kritik Anfang Mai, dass er im Rahmen seiner Schirmherrschaft über einen Ausbildungsjahrgang an der Pflegeakademie Sangerhausen angesprochen worden sei.
Nach Bekanntwerden der Pläne wurde das Arbeitsministerium von Ministerin Petra Grimm-Benne (61, SPD) mit dem Vorgang betraut.
Landtag kritisiert Schellenberger: "Scheitern war absehbar!"
Das bestätigte ein Sprecher auf Anfrage. Zusammen mit dem Wirtschaftsministerium und der Bundesagentur für Arbeit sollte die Idee der Anwerbung usbekischer Fachkräfte weiterverfolgt werden.
"Dabei können wir auf Erfahrungen aus Anwerbevorhaben mit anderen Staaten zurückgreifen, zu denen Usbekistan bislang nicht gehörte." Usbekistan sei bislang nicht als priorisiertes Zuwanderungsland vorgesehen.
Die Grünen kritisierten das Vorgehen von Landtagspräsident Schellenberger. Er habe "unprofessionell agiert und alle verfassungsrechtlichen Kompetenzen ignoriert", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Sebastian Striegel (42). "Das Scheitern der Anwerbeinitiative war leider absehbar."
Die Linke im Landtag kritisierte, dass die Regierung um Ministerpräsident Reiner Haseloff (69, CDU) nicht früher interveniert hatte. Sie sei frühzeitig über den Vorgang informiert gewesen.
"Der Umgang mit dem wichtigen Thema der Fachkräfteanwerbung ist grob fahrlässig", heißt es in einer Mitteilung der Linken. "Warum niemand dem Landtagspräsidenten früh klargemacht hat, dass seine Verfahrensweise der falsche Weg ist, ist völlig unklar." Der Landtagspräsident habe seinen Aufgabenbereich überschritten und hätte diese Arbeit lieber Experten überlassen sollen.
Bevölkerungsprognosen gehen davon aus, dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2035 auf rund 1,9 Millionen Menschen in Sachsen-Anhalt schrumpfen wird. Einige Kreise würden teils mehr als 30 Prozent der erwerbsfähigen Personen verlieren, hieß es in der Antwort der Landesregierung. Es sei daher geboten, eine positive Grundhaltung zur Gewinnung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland zu unterstützen.
Titelfoto: Bildmontage: Ronny Hartmann/dpa