"'Judensau' muss zuerst entfernt werden": Kritik an Debatte über Ort für Jugendwerk
Wittenberg/Berlin - Der Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg, Christoph Maier, hat die Debatte über den Standort für das neue deutsch-israelische Jugendwerk kritisiert.
"Die bilateralen Verhandlungen zwischen Deutschland und Israel sind sensibel und kommen derzeit auch aufgrund der innenpolitischen Situation in Israel nur langsam voran", teilte Maier in einer Stellungnahme am Freitag mit. "Eine Standortdebatte in Deutschland ist der Sache nicht zuträglich und kommt für die ohnehin schwierige politische Konstellation zur Unzeit."
Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein (55) hatte am Mittwoch erklärt, die Lutherstadt Wittenberg sei aus seiner Sicht ungeeignet als Standort des neuen deutsch-israelischen Jugendwerks.
"Eine Stadt, in der mit der 'Judensau' an der Stadtkirche Judenfeindlichkeit so offen ausgestellt wird, kann für jüdische Israelis kein Ort des Willkommens sein", erklärte Klein. "Damit Wittenberg Sitz des Deutsch-Israelischen Jugendwerks werden kann, muss zuerst die antisemitische 'Judensau' entfernt werden."
Direktor Christoph Maier erklärte, seine Akademie sei seit vielen Jahren in die Debatte über das judenfeindliche Relief involviert. Es gebe ein umfangreiches Bildungs- und Informationsangebot, es gebe kritische Diskussionen.
"Gibt wohl keinen Ort in Deutschland, der nicht mit Antisemitismus belastet wäre"
"Es gibt wohl keine Stadt und keinen Ort in Deutschland, der nicht auf die eine oder andere Weise mit Antisemitismus belastet wäre", so Maier.
Das bundesweite Informations- und Servicezentrum ConAct koordiniere seit über 21 Jahren von Wittenberg aus den Jugendaustausch zwischen Deutschland und Israel.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (54, Grüne) hatte die Gründung des Jugendwerks im September 2022 mit der damaligen israelischen Bildungsministerin Jifat Schascha-Biton (50) verabredet. So soll der Jugendaustausch beider Länder ausgebaut werden.
Über das mehrere Hundert Jahre alte antijüdische Schmährelief wird immer wieder gestritten.
Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa