Rocker-Szene in NRW ungewohnt ruhig, LKA-Experte hat einen Verdacht
Düsseldorf – Nach zwei vergleichsweise ruhigen Jahren während der Corona-Pandemie rechnet die Polizei mit einer Rückkehr der Rocker in die Öffentlichkeit.
"Wir erwarten schon bald mehr Ausfahrten, mehr Veranstaltungen und entsprechend mehr Polizeieinsätze", sagte der neue Rocker-Experte des Landeskriminalamts (LKA) NRW, Achim Schmitz, der Deutschen Presse-Agentur.
Als Leiter der Abteilung 1 ist der 58-Jährige seit einigen Monaten im LKA für die Organisierte Kriminalität und damit auch für die einschlägigen Rockerclubs zuständig.
Größe und Struktur der Rocker-Szene seien in den vergangenen zwei Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben, sagte Schmitz. Mit einer großen Ausnahme: "Das Bandidos-Verbot hat sehr wohl etwas bewirkt. Die Bandidos sind damit aus dem öffentlichen Bild in Nordrhein-Westfalen verschwunden."
"Das war eine der umfassendsten Verbotsmaßnahmen gegen dieses Milieu insgesamt und hat auch die mit Abstand größte Wirkung erzielt - nach allem, was wir bislang wissen", erklärte der Experte.
Das Bandidos-Verbot und seine Folgen
Das Bundesinnenministerium hatte die Rockergruppe Bandidos im vergangenen Juli NRW-weit verboten. Die Polizei schloss 19 Vereinsheime. Von der Verbotsverfügung war die "Bandidos MC Federation West Central" mit insgesamt 38 Chaptern betroffen, davon sämtliche 28 in NRW.
"Wir konnten nicht feststellen, dass es zur Gründung von Nachfolgeorganisationen gekommen ist. Ebenso wenig haben wir feststellen können, dass sich das Personenpotenzial in Richtung anderer Rockergruppen oder der Clans bewegt hat", sagte Schmitz. Vor dem Verbot galten die Bandidos als die mit Abstand mitgliederstärkste Rockergruppe Nordrhein-Westfalens.
"Dass es natürlich einzelne ehemalige Mitglieder der Bandidos gibt, die weiter ihren kriminellen Tätigkeiten nachgehen, davon ist nach aller kriminalpolizeilicher Erfahrung auszugehen", sagte Schmitz.
"Ob die anderen Rockergruppen jetzt versuchen, in diese Lücke zu stoßen - das zu beurteilen, ist es noch zu früh. Im Moment stellen wir das nicht fest."
Schießerei in Duisburg wegen Rocker-Streit
Mit der Schießerei in Duisburg, bei der vor gut drei Wochen vier Menschen verletzt wurden, hatten sich die Rocker in der Öffentlichkeit zurückgemeldet. Die Ermittler führen den Gewaltausbruch auf einen aus dem Ruder gelaufenen Konflikt zwischen Hells Angels und einem türkisch-arabischen Clan zurück.
Dass sich in der Folge das Duisburger Charter der Hells Angels aufgelöst hat, wollte Schmitz nicht bestätigen: "Deren eigene Veröffentlichungen sind ein Indiz, mehr aber auch nicht. Ob das so ist, ist Gegenstand der Ermittlungen. Die Auflösung eines Charters kann immer ein Mittel sein, um sich kurzfristig Maßnahmen der Polizei zu entziehen."
Die einschlägigen Rockergruppen stehen im Verdacht, in Geschäftsfeldern der Organisierten Kriminalität wie Drogen- und Menschenhandel, Prostitution, illegalem Glücksspiel und Schutzgeld-Erpressung mitzumischen.
Titelfoto: Montage: Marius Becker/dpa, Oliver Berg/dpa