Künstlerischer "Giftzwerg": Karnevals-Wagenbauer Jaques Tilly bekommt Verdienstorden
Düsseldorf - Der bekannte Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly (61) gehört zu elf neuen Trägern des Landesverdienstordens Nordrhein-Westfalen.
"Wir ehren damit Menschen, die sich jeden Tag auf vielfältige und lebendige Art und Weise um unser Land verdient machen – unter Einsatz von viel Zeit und Kraft, immer mit dem genauen Blick auf ihre Mitmenschen", lobte Ministerpräsident Hendrik Wüst (49, CDU) in der Düsseldorfer Staatskanzlei.
Seit gut 30 Jahren entwerfe und baue Tilly äußerst fantasievoll politisch-satirische Mottowagen für den Düsseldorfer Rosenmontagszug, sagte Wüst laut einer Mitteilung in seiner Laudatio. "Nicht umsonst wird seine Werkstatt liebevoll-spöttisch auch 'Skandal-Schmiede' genannt." Die Düsseldorfer Karnevalsverbände gewährten dem 61-jährigen Bildhauer buchstäbliche Narrenfreiheit.
"Pointiert und voller Spottlust^ stellt er mit stark überzeichneten, aber stets humorvoll wirkenden Großplastiken Missstände in Politik und Gesellschaft dar", würdigte der Ministerpräsident Tillys Werk. Der Künstler sei meinungsstark und mutig. "Er scheut keine Institution, Staatsmacht oder Autorität", hob Wüst hervor. "Wo es Missstände gibt, deckt Jacques Tilly sie kritisch und mit beißender Satire auf."
Seine Bildsprache sei global verständlich, von hoher künstlerischer Qualität, provoziere aber auch kontroverse Diskussionen. "Seine Mottowagen werden von den Medien aus aller Welt aufgegriffen und die Bilder zieren in den Tagen nach Karneval Titelseiten der deutschen und auch der internationalen Presse", sagte Wüst. Jedes Jahr erfreuten sich Hunderttausende begeisterte Menschen daran.
"Indem Sie auch brisante politische Themen auf Ihre einmalige Art zuspitzen und sichtbar machen, sind Sie ein besonderer und geachteter Botschafter unseres Landes", begründete Wüst die Auszeichnung. Gleichzeitig werde aber auch sein Engagement für die Interessen ehemaliger Heim- und Internatskinder gewürdigt, die oft schwerste physische und psychische Verletzungen erlitten hätten, sowie für Opfer sexueller Gewalt in kirchlichen Institutionen.
Auch zwei Pionierinnen zählen zu den neuen Ordensträgern
Zu den weiteren Geehrten zählen die ehemalige Präsidentin des Landesverfassungsgerichts, Ricarda Brandts aus Bochum - erste Frau an der Spitze des obersten NRW-Gerichts - und die frühere Opferschutzbeauftragte des Landes, Elisabeth Auchter-Mainz aus Aachen, die in NRW ebenfalls die erste Frau in ihrem vorherigen Amt als Generalstaatsanwältin war.
In ihrer gut fünfjährigen Amtszeit als Opferschutzbeauftragte des Landes habe Auchter-Mainz seit 2017 wahre Pionierarbeit geleistet und unzähligen Opfern von Straf- und Gewalttaten geholfen, hob Wüst hervor. "Sie haben hingehört und hingeschaut, wenn andere weggeschaut haben." Die erfahrene Juristin habe den Opferschutz in Nordrhein-Westfalen zu einem bundesweiten Vorbild gemacht, das viele Nachahmer finde.
Der Landesverdienstorden Nordrhein-Westfalen, 1986 anlässlich des 40. Landesgeburtstags gestiftet, wird in diesem Jahr exakt zum 78. Gründungsjubiläum Nordrhein-Westfalens verliehen. Ordensträger können maximal 2.500 lebende Persönlichkeiten sein.
Titelfoto: Guido Kirchner/dpa