Todes-Feuer von Solingen: Familienvater setzte noch Notruf ab - "Wir brennen! Wir brennen!"
Solingen (Nordrhein-Westfalen) - Eine vierköpfige Familie wurde bei dem tragischen Feuer-Inferno vor einer Woche in Solingen ausgelöscht. Nun wurden weitere Details bekannt.
Erst seit wenigen Wochen lebten Kuncho Z. (†29) und seine Frau Katia (†28) mit ihren Kindern Galia (†2) und der gerade einmal drei Monate alten Emily in Deutschland. Doch vergangenen Sonntag wurde die kleine Familie, die ursprünglich aus Bulgarien stammte, auf schreckliche Weise aus ihrem neuen Leben gerissen.
Die jungen Eltern und ihre beiden Töchter starben bei einem mutmaßlichen Brandanschlag auf ein Mehrfamilienhaus in Solingen, wo sie erst kurz zuvor eine Wohnung gefunden hatten.
Besonders tragisch: Beinahe wären Kuncho, Katia und ihre Mädchen während der Katastrophe gar nicht zu Hause gewesen.
Die Familie sei am Sonntagabend kurz vor dem Ausbruch des tödlichen Feuers bei Verwandten in Gelsenkirchen zu Besuch gewesen, berichtete die Cousine des verstorbenen Familienvaters, Maria V. (44), gegenüber "BamS".
"Wir hatten viel Spaß zusammen. Ich habe angeboten, dass sie bei uns übernachten können", wird die Frau zitiert. Doch ihr Cousin und seine Frau hätten das Angebot abgelehnt und sich dazu entschieden, zu später Stunde doch noch nach Solingen in ihr neues Zuhause zurückzufahren, damit die Mädchen in ihren eigenen Betten schlafen konnten.
Eine Entscheidung mit fatalen Folgen, die die vierköpfige Familie nur wenige Stunden später das Leben kostete.
Familie aus Bulgarien stirbt in den Flammen
Als er die Flammen in seiner Dachgeschoss-Wohnung bemerkte, habe Kuncho noch seine Verwandten kontaktiert und einen verzweifelten Notruf abgesetzt, erzählte sein Cousin der Zeitung.
Gegen 3 Uhr nachts habe bei ihm das Telefon geklingelt - am anderen Ende der Leitung der panische Familienvater, der ins Telefon brüllte: "Wir brennen! Wir brennen!"
Danach sei das Gespräch abgebrochen.
Es waren die letzten Worte, die Kunchos Cousin von dem 29-Jährigen hörte, denn nur wenig später waren der Bulgare und seine Familie tot. Sie konnten sich nicht mehr rechtzeitig vor den Flammen retten.
Zahlreiche andere Mieter des hauptsächlich von Migranten bewohnten Hauses waren aus den Fenstern gesprungen, um dem Feuer zu entkommen. Acht Menschen wurden dabei verletzt, drei davon so schwer, dass sie noch immer intensivmedizinisch betreut werden müssen.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes
Die Staatsanwaltschaft geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus und hat die Ermittlungen wegen Mordes aufgenommen. Einen dringenden Tatverdacht gibt es bislang allerdings nicht.
Ein vorläufig festgenommener Mann war am Freitag wieder auf freien Fuß gesetzt worden, nachdem sein Alibi überprüft worden war.
Am Samstag hatten sich mehrere Hundert Menschen an einem Trauermarsch für die Opfer des mutmaßlichen Brandanschlags beteiligt und neben einem Zug durch die Solinger Innenstadt auch eine Mahnwache vor dem ausgebrannten Haus abgehalten.
Dort erinnern nicht nur die Spuren des Feuers an der Hausfassade, sondern auch ein Meer aus Blumen, Kerzen und Fotos der verstorbenen Familie an das schreckliche Unglück.
Titelfoto: Gianni Gattus/dpa