Anfassen verboten! Unibibliothek sperrt 60.000 Bücher - Das ist der Grund
Bielefeld - Und das ausgerechnet zur Prüfungszeit! Die Universitätsbibliothek Bielefeld sperrt Zehntausende Bücher zur Ausleihe und warnt Studenten davor, sie aus dem Regal zu holen. Die Befürchtung: Sie könnten mit Arsen vergiftet sein!
Weil Arsenverbindungen im 19. Jahrhundert populär waren und besonders in grünen Farbstoffen zum Einsatz kamen, sehen sich Bibliotheken zunehmend einem großen Problem ausgesetzt: Ihre alten Buchbestände könnten vergiftet sein.
Die Universitätsbibliothek in Bielefeld reagierte nun darauf und teilte mit, dass 60.000 Bände des Bibliotheksbestands vorerst gesperrt, eingelagert und nach und nach überprüft würden. Nur unbedenkliche Bücher gingen dann zurück in den Bestand.
Aber: Die Bibliothek stellte klar, dass zunächst als Vorsichtsmaßnahme alle Bücher und Zeitschriften aus der betreffenden Zeit gesperrt und untersucht würden, unabhängig von der Farbgebung.
Tatsächlich betroffen seien vermutlich weniger als zehn Prozent des Bestandes, dennoch nehme man das Thema sehr ernst.
Universitätsbibliothek Bielefeld warnt Studenten vor grünen Werken
"Arsen ist giftig und krebserregend und kann in grünen Farbstoffen vorkommen. Daher gelten Bücher aus der Zeit mit grünen Einbänden, Buchschnitten, Titelschildern, Spiegeln oder Vorsatzblättern ohne Überprüfung grundsätzlich als verdächtig", hieß es in der Mitteilung. Ledereinbände seien aber nicht betroffen.
Insbesondere, wenn bei Bänden mit Grünschnitt ein mit der Zunge angefeuchteter Finger zum Umblättern genutzt, aufgewirbelter Staub eingeatmet werde oder Arsen durch das Anfassen des Bandes in die Augen gerate, könnte es zur Gefährdung kommen, warnte die Bibliothek.
Daher sollten die Bücher auch nicht aus dem Regal geholt werden.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Problematik lägen erst seit Kurzem vor, weshalb es noch keine gesetzliche Handlungsanweisung gebe. Man befinde sich aber im Austausch mit anderen Bibliotheken, ließ die Universitätsbibliothek Bielefeld verlauten.
Das bestätigte auch der Deutsche Bibliotheksverband gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: Das Problem sei auch in anderen Bibliotheken bekannt, die Überprüfung in Bielefeld kein Einzelfall.
Ein Modellprojekt in Bonn habe 2020/21 untersucht, wie arsenbelastete Bände erkannt und wieder nutzbar gemacht werden könnte, teilte eine Sprecherin mit.
Diese Erkenntnisse könnte sich vermutlich auch die Bielefelder Unibibliothek zunutze machen - und dann hoffentlich so viele Bücher und Zeitschriften wie möglich zurück in den Bestand gehen lassen.
Titelfoto: Bildmontage: Julia Bömer/Universität Bielefeld/dpa, Friso Gentsch/dpa