Gestohlene Gebeine aus Kolonialzeit - Uni Göttingen sucht Versöhnung
Göttingen - Seit vier Jahren untersuchen Wissenschaftler der Universität Göttingen menschliche Überreste ihrer Sammlung auf deren Herkunft. Das Forschungsprojekt Sensible Provenienzen will die gestohlenen Gebeine aus der Kolonialzeit an ihre Heimatländer zurückgeben.
Während der Kolonialzeit wurden etliche Gebeine für den internationalen Handel entwendet: Forscher und Reisende stahlen sie teilweise aus heiligen Stätten.
Das Projekt der Uni Göttingen soll nun der Wiedergutmachung und Versöhnung dienen. In mühsamer Detailarbeit werden menschliche Überreste analysiert und teils neu zusammengesetzt, damit sie zurück in ihre Heimat reisen können.
Das ist ein langwieriges Vorhaben: Bisher wurden gerade mal etwa vier Prozent der Sammlungsstücke zurückgegeben, so die Anthropologin Birgit Großkopf gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Gemeinsam mit anderen Forschern analysiert Großkopf die Überreste und durchsucht alte Karteikarten und Kaufbelege. Sie glaubt, dass die Rückführungen noch einige Jahre dauern werden: Dokumente fehlen, die Gebeine wurden teils vermischt zusammengesetzt, und die Universität hat aufgrund von Platzproblemen manche Gebeine wahllos zusammen in Kartons untergebracht.
Manche Forscher aus den Herkunftsländern fanden den Anblick der Lagerung erschreckend.
Uni Göttingen will Gebeine aus 16 Ländern zurückgeben
Vor fast genau einem Jahr hatte die Universität die geraubten Gebeine von Vorfahren der Maori und Moriori an Neuseeland zurückgegeben.
Der Universitäts-Präsident Metin Tolan bat bei einer Zeremonie um Entschuldigung für den Diebstahl aus der Kolonialzeit.
Der Chef des Rückführungsprogramms von Neuseeland, Te Herekiekie Herewini, war dankbar und bezeichnete jene Zusammenarbeit als einen Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere.
Auch an Hawaii und Palau wurden bereits Gebeine zurückgeführt. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass in der Sammlung der Uni Göttingen Gebeine aus 16 Ländern in Ozeanien und acht Ländern in Afrika lagern. Die Meisten stammen aus Papua-Neuguinea.
Für Australien, Namibia und die Marshallinseln sind weitere Rückführungen geplant.
Titelfoto: Swen Pförtner/dpa