"Zeitenwende in der Medizin": Erstmals mehr Ärztinnen als Ärzte in Kliniken

Von Nikolaus Nützel

München - Das gab es bislang noch nicht: In den Krankenhäusern in Bayern arbeiten erstmals mehr Ärztinnen als Ärzte.

Die Zahl der Ärztinnen nimmt weiter zu. (Symbolbild)  © Harald Tittel/dpa

Mit einem Zahlenverhältnis von 18.270 zu 18.214 haben Frauen im vergangenen Jahr ihre männlichen Kollegen überholt, wie die zuständige Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) entsprechend mitteilte.

Kammerpräsident Gerald Quitterer spricht von einer echten "Zeitenwende in der Medizin".

Im Medizinstudium stellen Frauen schon seit Längerem die Mehrheit, rund zwei von drei Studienplätzen nehmen demnach Frauen ein.

Bayern Das "Öko"-Dilemma: Pflicht zur Weidehaltung bedroht die Bio-Landwirte

Ein Grund dafür liege darin, dass junge Frauen im Schnitt bessere Abiturnoten haben, erklärt die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna. Weil beim Medizinstudium durch das Numerus-Clausus-System sehr gute Abiturnoten eine wichtige Voraussetzung sind, hätten Bewerberinnen entsprechend Vorteile.

Die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB), Christiane Groß, hält es "grundsätzlich für einen Erfolg", dass Frauen in immer mehr Bereichen der Medizin zahlenmäßig vorrücken. Wenn es um Karrierechancen geht, könne allerdings von Chancengleichheit keine Rede sein, kritisiert Groß. Nach einer Untersuchung des Ärztinnenbundes ist an den deutschen Universitätskliniken im Schnitt nur eine von acht Führungsstellen derzeit mit einer Frau besetzt.

Anzeige

Bayerns Ärztepräsident Quitterer Gerald will Ärztemangel vermeiden

Gerald Quitterer sieht weiteres Verbesserungspotenzial.  © Guido Kirchner/dpa

Die Ärztegewerkschaftschefin Johna sieht auch für Patienten Vorteile darin, wenn mehr Frauen in der Medizin arbeiten. Zum einen würden beispielsweise viele Patientinnen lieber von einer Gynäkologin behandelt als von einem männlichen Kollegen.

Es gebe aber darüber hinaus auch eine Reihe von Untersuchungen, welche aufzeigen, dass bei Operationen die Ergebnisse im Schnitt besser ausfallen, wenn eine Frau das Skalpell führt.

Frauen stünden allerdings oft immer noch vor erheblichen Problemen, wenn sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen, beklagt Johna.

Bayern Krankheitswelle rollt: Das zeigt das Abwasser in München

Auch Bayerns Ärztepräsident Quitterer sieht hier noch Nachholbedarf. Gleichzeitig müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Ärztinnen sich öfter als Männer für eine Anstellung als für selbstständige Arbeit entscheiden, sagt Quitterer. Und Frauen würden außerdem öfter in Teilzeit arbeiten als Männer, ergänzt Ärztepräsident des Freistaats weiter.

Das trage mit dazu bei, dass der Nachwuchs nicht ausreiche, um einen Ärztemangel zu vermeiden, erklärt Quitterer. Die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Bayern ist in den vergangenen zehn Jahren zwar um ein Sechstel gestiegen, auf nun 72.552. "Aber die Zahl der Köpfe steigt nicht so schnell wie der Bedarf an ärztlicher Arbeitskraft."

Mehr zum Thema Bayern: