Von Christoph Trost, Frederick Mersi
München - Wann und wie sehr darf die Polizei ins Leben von Menschen eingreifen, um für Sicherheit zu sorgen, wie konkret muss eine Gefahr sein? Darüber gibt es seit Jahren Streit. Nun naht die Entscheidung.
Am 13. März will der Verfassungsgerichtshof Bayerns seine Entscheidung verkünden, ob ein umstrittener Kernpunkt des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes verfassungsgemäß ist.
Diesen Termin nannte Gerichtspräsident Hans-Joachim Heßler nach mündlicher Verhandlung.
Das Gericht muss entscheiden, ob eine sogenannte "drohende Gefahr" ausreichend ist, um der Polizei weitreichendere Eingriffsbefugnisse zu geben oder ob der Begriff möglicherweise zu unbestimmt ist.
Genau dazu prallten in der Verhandlung die Argumentationen beider Seiten aufeinander.
Die Staatsregierung hält die betreffende Vorschrift in dem Gesetz, gegen dessen Verschärfungen vor einigen Jahren teils Zehntausende Menschen demonstriert hatten, für ausreichend präzise und damit verfassungsgemäß.
Bagatellbereiche würden von der Anwendung ausgeschlossen, sagte der Prozessvertreter der Staatsregierung, Markus Möstl. Er betonte auch: "Man braucht eben Generalklauseln, weil immer wieder etwas Unvorhergesehenes passiert." Würde das Gericht die Norm kippen, würde das "fatale Schutzlücken" ins Polizeiaufgabengesetz reißen, warnte Möstl.
Kläger: Gesetz verfassungswidrig!
Die jeweiligen Kläger sowie ihre Prozessvertreter argumentierten in der mündlichen Verhandlung dagegen, der Begriff der drohenden Gefahr sei viel zu unbestimmt. Die entsprechende Regelung sei unverhältnismäßig und letztlich verfassungswidrig.
Christoph Degenhart, der die Landtagsfraktion der Grünen in dem Verfahren vertritt, sprach von einem "begrifflichen Nebel". Neben den Grünen hat die SPD geklagt, zudem gibt es eine Popularklage mit knapp zwei Dutzend Antragstellern. Auch sind vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe noch mehrere Verfahren gegen das Gesetz anhängig.
Laut der umstrittenen Vorschrift im PAG müssen, damit die Polizei früh eingreifen darf, "um den Sachverhalt aufzuklären und die Entstehung einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zu verhindern", in absehbarer Zeit "Angriffe von erheblicher Intensität oder Auswirkung" auf "bedeutende Rechtsgüter" zu erwarten sein.
Dazu gehören "der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes", "Leben, Gesundheit oder Freiheit", "die sexuelle Selbstbestimmung" und "Anlagen der kritischen Infrastruktur sowie Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang". Ob diese Definitionen ausreichend sind, und ob die Eingriffsschwellen für die Polizei damit zu sehr abgesenkt wurden, darum dreht sich der nun jahrelange Streit. Der sich endlich seinem Ende zu nähern scheint.