Ein Versprechen brachte sie nach oben: "Ich musste reich werden, um den Kindern zu helfen"
München - Sie führt drei Unternehmen, arbeitet als Dozentin und möchte ein Business-Netzwerk mit mindestens 500.000 Mitgliedern aufbauen. Saina Bayatpour verfolgt damit vor allem ein Ziel: Kindern in Not zu helfen. Beginnend in München.
Die Frau wurde 1980 im Iran geboren und kam mit acht Jahren mit ihrer Familie nach Bayern. Grund war der Iran-Irak-Krieg. Bombenangriffe und Flucht in den Keller waren von Geburt an ihr Alltag.
32 Jahre später sitzt sie in ihrer Firma in der Lindwurmstraße, zurückgelehnt in einen Sessel und denkt an die erste Zeit in Deutschland. Sie verbrachte die Tage nach der Schule in einem Hort. Gleich nebenan war ein Kinderheim.
"Ich musste immer wieder sehen, wie Freunde und Geschwister auseinandergerissen wurden. Die Gesichter der Kinder, die zurückgelassen wurden, haben sich in mein Gehirn eingebrannt", erinnert sie sich im Gespräch mit TAG24.
Mit neun Jahren trat sie weinend ihrer Mutter gegenüber und sagte: "Wenn ich groß bin, werde ich reich. Damit ich Häuser bauen kann, in denen Kinder nicht mehr getrennt werden."
Wir alle hatten Vorstellungen davon, was wir machen wollen, wenn wir groß sind. Doch die wenigsten von uns wurden Fußball-Profi, Tierärztin oder fliegen ins Weltall. Doch für Saina Bayatpour war dieser Entschluss kein Wunschdenken. Es war eine Entscheidung. Es war ein Versprechen. An sich selbst. Und an die Kinder, die es betreffen wird. Und sie hat nicht vor, dieses Versprechen zu brechen.
Sie beendete die Schule, begann zu studieren und gründete noch vor ihrem Abschluss ihr erstes Unternehmen. 4000 Euro hatte sie sich für diese Firma mit etlichen Nebenjobs zusammengearbeitet. Am Freitag, den 13. März, feiert sie im Münchner "Pacha" das 13. Firmenjubiläum ihrer Eventagentur "Preferred World". Zu ihren Kunden zählen heute unter anderem Roland Berger, Mercedes Benz, Audi, Dior, McDonalds, Microsoft aber auch kleine Unternehmen und Firmen.
Ihr Unternehmen ist weltweit tätig, von München bis Abu Dhabi, von Kroatien bis China. Produkteinführungen, Kongresse, Jubiläen, Weihnachtsfeiern - es gibt nichts, was sie nicht ausrichtet. Und das ist nur eine ihrer Tätigkeiten.
Nebenbei wurden aus Hobbies weitere Firmen
"Ich wurde irgendwann von einem der Kunden gefragt, ob ich die neue Kantine gestalten könnte. Dann sollte ich ein ganzes Stockwerk designen, irgendwann Wohnungen und Häuser. So entstand das zweite Unternehmen", erinnert sie sich. Interior Design, also Innenarchitektur, sieht Saina Bayatpour weniger als Beruf, viel mehr als Leidenschaft und Hobby.
Ebenso, wie ihre Funktion als Dozentin und Rednerin, wo sie jungen Menschen helfen möchte, groß Karriere zu machen. Ein Herzensthema. Denn schon da gibt sie den potenziellen Geschäftsleuten von morgen mit auf den Weg: Wenn ihr oben seid, reicht eure Hand denen, die unten blieben.
Hier knüpft auch ihr drittes Unternehmen an: Die "Business Women's Society" - ein Netzwerk für Frauen. "So etwas gab es nicht. Also musste ich es gründen", so ihre Begründung für diese Firma, die es bald auch in einer Männer-Variante geben wird.
Auch das war anfangs nur ein Hobby. Inzwischen ist es seit zwei Jahren eine GmbH: "Man lernt hier auch mit externen Speakern, wie man sich selbst besser im Geschäft positioniert, wie man Online-Marketing betreibt und das Netzwerken. Von Frauen in Vorständen bis hin zur Angestellten ist bei uns alles vertreten." Teilweise zahlen die Firmen, bei denen die Frauen angestellt sind, diese Fortbildungen und Treffen, die in einem Zeitraum von einem bis drei Jahren immer wieder stattfinden.
Dieses Netzwerk soll nicht nur Frauen in der Berufswelt ein besseres Standing schaffen, es soll seinen Teil dazu beitragen, dass Bayatpour ihr Versprechen einhalten kann. Dafür setzt sie sich ehrgeizige Ziele: In zwei weiteren Jahren soll das Netzwerk in der DACH-Region die 500.000-Mitglieder-Marke sprengen. Ab dieser Größe, können man etwas bewegen. "If your dreams dont scare you, they are not big enough", kommentiert sie dieses Vorhaben.
Zu Deutsch etwa: Wenn dir deine Ziele keine Angst einjagen, dann sind sie nicht groß genug. "Wenn das erreicht ist, kann ich mich auf die Kinderhäuser konzentrieren."
Bereits seit 13 Jahren, also von Anfang an, engagiert sie sich für soziale Projekte und Institutionen: "Ich glaube, wir haben inzwischen für fast alle Projekte für Kinder, benachteiligte Familien und Frauen schon Spenden gesammelt, selber sehr viel gespendet und Veranstaltungen organisiert."
"Anstatt eines 'Danke' kriegst du noch eins in die Fresse."
Dabei leistet sie finanziell mehr, als aus wirtschaftlicher Sicht wohl sinnvoll wäre. "Im Moment schwäche ich meine Agentur seit etwa sieben Jahren, um Geld in die Hilfeleistungen stecken zu können. Das Geld hätte man auch in die Firma stecken können oder Rücklagen bilden", erzählt die 40-Jährige.
Doch sie begründet diese Entscheidungen. Mit ihrem Mitgefühl: "Was macht das eigentlich mit einem Kind? Zu glauben, dass man nicht so viel Wert sei, wie der beste Freund oder der Bruder oder die Schwester? Die vielleicht einzige Bezugsperson zu verlieren, die einem nach den vorherigen Verlusten noch geblieben ist? Wie fühlt sich das wohl an? Völlig allein zu sein?"
Diesen Kindern wird in diesem Moment, so ist sie sich sicher, das Selbstwertgefühl komplett zerstört. Und damit sollen sie dann ein normales Leben aufbauen.
Ihr Netzwerk, soll hier das Fundament schmieden. "Unser Business-Modell ist so aufgebaut, dass pro 20.000 Mitglieder ein Haus für verwaiste und sozial abgehängte Kinder gebaut und 18 Jahre mit zehn Kindern bewirtschaftet werden kann. Etwa acht bis zehn Kinder sollen hier dann leben können. Zusammen, wie eine Familie. Ohne dass sie getrennt werden. Bis zum 18. Lebensjahr." Und darum auch die 500.000er-Marke. Denn je mehr Mitglieder, desto mehr Kindern kann geholfen werden.
Natürlich mit Betreuung - wie es eben in Kinderheimen auch der Fall ist. Nur, dass hier nichts auseinander gerissen wird. Denn sie weiß, was diese Trennungen bei anderen Kindern anstellen. Und das soll enden. Das erste Haus soll auch in München entstehen. Denn hier hat alles begonnen. Und auf die Politik sei ohnehin kein Verlass: "Uns wurden mal Fördergelder vom Staat nicht genehmigt mit der Begründung, dass wir zu viel machen würden, wir sollten uns auf weniger Projekte konzentrieren."
Aus diesem Grund glaube sie auch nicht an das politische System: "Es gibt Tage, da kommt man sich verarscht vor, wenn man anderen hilft. Anstatt eines 'Danke' kriegst du noch eins in die Fresse." Nicht nur von der Politik oder den Behörden, auch von Mitmenschen.
Und in der Politik selbst, sieht sie sich ohnehin nicht: "Ach, da geht es doch viel zu viel um Ego und Machtgehabe innerhalb der Parteien." Aber sie wolle auch nicht zu der Sorte Mensch gehören, die sich aufregt und selbst nichts tut: "Ich versuche dann eben mit meinen Mitteln etwas zu bewegen. Und im Idealfall andere dazu zu bewegen, es mir gleich zu tun."
Denn eine Sache - neben den Erinnerungen an die zurückgelassenen Kinder - hat Saina Bayatpour nie vergessen: "Ich kenne selbst das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Ich schöpfe daraus meine Motivation. Das soll anderen erspart werden." Vielleicht muss es also doch manchmal hässlich werden, bevor etwas Schönes entstehen kann.
Titelfoto: Tiger Kirchharz Fotographie/privat