Hotel-Neubau am Schliersee spaltet: Koloss bedroht urige Idylle
Schliersee - Beste Lage, direkt am See, Blick auf die Berge: Das Hotel Schlierseer Hof hat Tradition. Doch es ist in die Jahre gekommen - die Eigentümer-Familie plant einen Neubau. Doch das gefällt nicht allen.
Zu groß, zu wuchtig, finden die Gegner das Projekt im Landkreis Miesbach, darunter auch Heimatpfleger. Nun sollen wahrscheinlich die Bürger das Wort haben. Der Gemeinderat entscheidet am Dienstagabend über die Zulassung eines Bürgerentscheids.
Vermutet wird, dass dies nur noch ein formaler Akt ist. Die nötigen Unterschriften liegen vor, rund 1300 hat die Bürgeriniative Schlierseer Hof unter dem Motto "Schliersees Schönheit bewahren - kein Megahotel am See" eingereicht - etwa doppelt so viele wie in dem 7000-Einwohner-Ort nötig gewesen wären.
Als Termin für den Bürgerentscheid habe man Anfang Mai oder die zweite Aprilhälfte ins Auge gefasst, sagt Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU). "Es ist vielleicht nicht schlecht, wenn so ein großes Projekt auf eine breite Basis gestellt und die Argumente ausgetauscht werden."
Der Gemeinderat hatte im vergangenen Jahr mehrheitlich der Aufstellung des für das Hotelprojekt nötigen Bebauungsplans zugestimmt - dagegen formierte sich Widerstand, fünfstöckig und insgesamt rund 90 Meter lang soll der Bau werden.
Fünfstöckiges Mega-Hotel direkt am See: Anwohner protestieren gegen Bauplan
"Wir wollen keine überdimensionierten Gebäude, die das Ortsbild zukünftig prägen und dadurch weitere Investorenwünsche wecken", argumentieren die Neubau-Gegner.
"Wir wollen keine Megahotelanlage direkt am See, die die umliegende Bebauung weit überragt und mit Ihrer Wuchtigkeit das Ortsbild zerstört", schreibt die Bürgerinitiative auf ihrer Internet-Seite. "Auch wir befürworten ein Hotel - aber nicht dieses Hotel. Es wäre eine völlig andere Dimension", sagt der Sprecher der Initiative, Alexander von Schoeler.
Uferfläche würde verschwinden, ebenso ein Biergarten am Hotel, sagt er. Dass das Haus renoviert oder neu gebaut werden müsse, sei unbestritten. "So groß wie jetzt kann er ruhig neu bauen."
45 Zimmer hat das Hotel jetzt, 116 soll der Neubau haben – vor mit der Gemeinde abgesprochenen Verkleinerungen wurde mit 148 Zimmern geplant, sagt Hotelier Marcel de Alwis. Ein Kompromiss. Weniger rechne sich nicht und ermögliche auch keine Finanzierung von der Bank. An sich habe man gar nicht neu bauen wollen. Jedoch habe sich die gezeigt, dass eine Sanierung teurer käme als der geplante auf 55 Millionen Euro veranschlagte Neubau. "Das Hotel ist einfach in die Jahre gekommen."
Nun stehe man womöglich vor dem Aus für die vom Gemeinderat bereits gut geheißenen Pläne. "Wir haben 2,7 Millionen Euro in die Planung investiert und noch keinen Stein bewegt", sagt de Alwis.
Hotel Schlierseer Hof hat Geschichte: Hochzeit von Curd Jürgens und Drehort für ZDF-Serie "Der Landarzt"
Bürgermeister Schnitzenbaumer hofft, mit dem neuen Hotel der gehobenen Klasse den Tourismus im Ort vor allem auch in der Nebensaison voranzubringen. "Für uns wäre ein Hotel mit einem Ganzjahresangebot sinnvoll, um das ganze Jahr Gäste zu haben."
Kleineren Häusern fehle teils etwa ein entsprechender Wellness-Bereich. Mit geplanten 116 Zimmern sei das geplante Haus auch "kein Riesenhotel". In Spitzingsee - dem am Berg gelegener Gemeindeteil von Schliersee - gebe es ein Hotel mit 120 Zimmern.
Inzwischen hat sich auch der Bayerische Landesverein für Heimatpflege zu Wort gemeldet. "Wir raten dringend, von der gegenwärtig geplanten Bebauung abzusehen und alternative Lösungen für ein Hotel zu finden, das sich in den lokalen Kontext einfügt", sagt Geschäftsführer Rudolf Neumaier.
Er hält es aus ökologischen Gründen für am besten, das Gebäude zu erhalten und für einen modernen Hotelbetrieb umzubauen. "Wenn wirklich ein Abriss nötig sein sollte, würde sich ein Architektenwettbewerb aufdrängen, bei dem die Teilnehmer sicher bessere Entwürfe liefern würden, als der vorliegende einer ist." So sieht es auch der Sprecher der Bürgerinitiative, von Schoeler.
Um 1895 beherbergte das damalige Hotel Spitz laut heutigen Eigentümern erstmals Übernachtungsgäste. Im Zweiten Weltkrieg waren demnach teils verwundete Soldaten untergebracht.
Seine Glanzzeit hatte das Haus in den 1950er Jahren. Curd Jürgens habe eine seiner Hochzeiten hier gefeiert, gibt die Eigentümer-Familie de Alwis an, die das damalig insolvente Hotel 2006 übernommen hatte. Für Folgen der ZDF-Serie "Der Landarzt" wurden hier Sequenzen gedreht. Man habe in den vergangenen Jahre das Hotel stetig renoviert, doch leider sei dies nicht mehr wettbewerbsfähig, sagt de Alwis.
"Wenn das Bürgerbegehren für uns negativ ausgeht, haben wir keine Perspektive mehr. Dann wird das nächste Hotel in Schliersee leer stehen." Wie schon ein anderes Hotel im Ort.
Titelfoto: Sven Hoppe/dpa