Zum Semesterstart noch viele Studierende ohne Wohnung: "Die Wut ist riesig"
Frankfurt/Darmstadt/Gießen/Kassel/Marburg - Zum Start des Wintersemesters 2022/23 suchen viele Studentinnen und Studenten in Hessen noch nach einer Wohnung.
Die Wartelisten für Wohnheimplätze der fünf Studierenden- und Studentenwerke in Darmstadt, Frankfurt, Gießen, Kassel und Marburg sind lang, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ergab.
Angespannt ist die Lage vor allem im Rhein-Main-Gebiet. Beim Studierendenwerk Frankfurt seien in diesem Jahr über 6000 Bewerbungen um Wohnheimplätze eingegangen, erklärte Sylvia Kobus, Sprecherin des Studierendenwerks.
Derzeit stünden noch über 3000 Studierende auf der Warteliste. "Im gesamten Rhein-Main-Gebiet gibt es zu wenig günstigen Wohnraum." Um diesen würden die Studierenden mit anderen Wohnungssuchenden mit geringerem Einkommen konkurrieren.
Das Studierendenwerk biete rund 3800 Zimmer in Frankfurt, Wiesbaden, Rüsselsheim und Geisenheim an.
Mit den vorhandenen Zimmern kann das Studierendenwerk in der Mainmetropole nach eigenen Angaben lediglich rund fünf Prozent der über 75.000 Studierenden in ihrer Zuständigkeit versorgen.
"Die Wohnungssituation wird immer schlechter"
Das Werk betreut neben der Goethe-Universität, der University of Applied Sciences sowie der Kunst- und Musikhochschule in Frankfurt auch die Hochschule RheinMain in Wiesbaden und Rüsselsheim sowie die Hochschulen Offenbach und Geisenheim.
Zu den eigenen Angeboten kommen noch Zimmer von Kirchen und gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften. Damit können laut Studierendenwerk insgesamt knapp neun Prozent der Studierenden versorgt werden.
"Die Wohnungssituation wird immer schlechter und die Wartelisten jedes Jahr länger", berichtete Tim Hoppe, Wohnraum-Referent beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) in Frankfurt. "Die Wut der Studierenden ist riesig."
Für die als BAföG-Wohnpauschale veranschlagten 360 Euro auf dem privaten Wohnungsmarkt ein Zimmer zu finden, sei nahezu unmöglich.
Auch in Darmstadt ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum deshalb groß. Aktuell warten hier noch rund 2500 Studierende der Technischen Universität sowie der Hochschule auf einen Wohnheimplatz. Damit sei die Warteliste die längste seit neun Jahren, erklärte ein Mitarbeiter des Studierendenwerks.
Rückkehr zur Präsenzlehre ein Grund für die hohe Nachfrage
Vor der Pandemie im August 2018 hätten rund 1600 Studierende auf der Liste gestanden, in den vergangenen Jahren seien es zwischen 1200 und 1400 gewesen. Von den rund 2800 Bettenplätzen in acht Wohnheimen des Studierendenwerks konnten nach Angaben des Mitarbeiters vor diesem Semester über 600 vergeben werden.
Ein Grund für die hohe Nachfrage ist auch die Rückkehr zur Präsenzlehre im Wintersemester. Durch fast zwei Jahre digitale Online-Lehre wegen der Corona-Pandemie mussten viele Studierende nicht an ihren Studienort ziehen.
"Die Lage ist angespannter als in den vergangenen zwei Jahren", sagte Matthias Nothnagel vom Studierendenwerk Kassel. Es kämen nicht nur neue Studierende, sondern auch Studierende an die Uni zurück, die zuvor nur online studiert haben.
Aktuell gebe es noch 480 offene Bewerbungen um einen Wohnheimplatz. 310 der insgesamt rund 1000 Wohnheimplätze konnte das Studierendenwerk nach eigenen Angaben zum Wintersemester neu vergeben.
Beim Studentenwerk Gießen ist die Lage ähnlich. "Die Nachfrage nach Wohnheimplätzen ist im Vergleich zu den vergangenen Pandemie-Semestern wieder angestiegen", sagte Ralph Vogtmann vom Studentenwerk Gießen.
Insgesamt rund 3400 Wohnheimplätze biete das Werk an der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Technischen Hochschule Mittelhessen in Friedberg sowie der Hochschule Fulda. Die Bewerberliste umfasse derzeit insgesamt rund 1700 Studierende. Allein 1300 davon seien auf der Suche nach einem Zimmer in Gießen.
Ebenfalls noch 1300 Studierende stehen beim Studentenwerk Marburg auf der Warteliste. "Die Lage ist wie immer zum Wintersemester angespannt", sagte Franziska Busch vom Studentenwerk.
Im September und Oktober konnten nach ihren Angaben rund 600 Studierende in einem der 2100 angebotenen Zimmer unterkommen. Für Studierende, die zum Semesterbeginn noch kein Zimmer gefunden haben, habe das Studentenwerk 15 Plätze in einem Notquartier eingerichtet.
Kurzfristige Übergangsquartiere und Notbetten wird es den Angaben zufolge auch in Kassel und Gießen geben.
Titelfoto: dpa/Frank Rumpenhorst