Umstrittene Garnisonkirche in Potsdam: Eröffnung mit Bundespräsident Steinmeier
Potsdam - Der Wiederaufbau der historischen Garnisonkirche in Potsdam ist umstritten. Am heutigen Donnerstag wurde der Turm mit einem Festakt und prominenten Gästen eröffnet. Auch Proteste fanden statt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68, SPD) hat den wiedererrichteten Turm der Garnisonkirche als Mahnung an die Demokratie bezeichnet. "Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten, dass dieser Ort etwas wird, was er über lange Strecken seiner Geschichte nicht war: ein Ort der Demokratie", sagte Steinmeier in seiner Rede beim Festakt zur Eröffnung. "Das ist die historische Verantwortung, die wir haben. Und das ist die Aufgabe, die wir hier alle zusammen als Gesellschaft haben."
Am 21. März 1933 wurde in dem Gotteshaus in Potsdam der erste Reichstag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnet. An diesem "Tag von Potsdam" reichte der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Garnisonkirche die Hand.
Das Projekt des Wiederaufbaus hat unter anderem deshalb für viel Kritik gesorgt. Der Turm rufe dazu auf, zu erinnern, zu differenzieren, aber keinesfalls zu vergessen, so Steinmeier.
"Jedem Versuch, deutsche Verantwortung zu leugnen, unsere Erinnerungskultur als Schuldkult zu diskreditieren, stellen wir uns entschieden entgegen. Ich sage bewusst: wir!" Steinmeier ist Schirmherr des umstrittenen Wiederaufbauprojekts.
Gegenüber dem Kirchturm protestierte die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" mit mehr als 100 Menschen gegen den Bau. Sie sieht in der Kirche ein "Wahrzeichen des Terrors" und ein Symbol des Militarismus.
Auf einem Transparent stand: "Nazikirche gegen Bürger*innenwillen". Auch der "Lernort Garnisonkirche" der christlichen Martin-Niemöller-Stiftung kämpft gegen das Projekt.
Für Bischof Christian Stäblein ist die Garnisonkirche ein Wachturm gegen das Vergessen
Der evangelische Bischof Christian Stäblein hält den wiedererrichteten Turm der Garnisonkirche in Potsdam für ein Zeichen gegen das Vergessen.
"Er soll als Wachturm fungieren, auf dass wir nie geschichtslos werden, dass wir nie vergessen, was an Schaden, Verirrung und Verbrechen im Namen und am Ort dieses Hauses, an Frevel und Friedlosigkeit getan und – schrecklich zu sagen – gesegnet wurde", sagte der Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, in einer Rede.
Die evangelische Kirche will den Neubau als Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren. Eine Ausstellung mit dem Titel "Glaube, Macht und Militär" will sich kritisch mit der Geschichte befassen.
Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt. Die Reste wurden 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt. Im Jahr 2017 begannen die Arbeiten für den Neubau des Turms, der außen dem historischen Original nachempfunden ist. Der Turmaufbau kostete laut Stiftung Garnisonkirche rund 42 Millionen Euro, der Großteil kam vom Bund. Ein Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist nicht vorgesehen.
Von Freitag an ist der Turm für die Öffentlichkeit geöffnet. Die Aussichtsplattform in 57 Metern Höhe soll Besucher anlocken.
Noch ist der Turm nicht ganz komplett: Eine 30 Meter hohe Haube soll nach Angaben der Stiftung 2026 auf das Bauwerk kommen - dann wäre es mit 90 Metern Potsdams höchstes Gebäude.
Erstmeldung am 22. August um 5.55 Uhr, zuletzt aktualisiert um 12.50 Uhr
Titelfoto: Christoph Soeder/dpa