Nach Massentod von Fischen in der Oder: "Tickende Zeitbombe"
Frankfurt (Oder) - Rund zwei Jahre nach dem großen Fischsterben an der Oder ist das Risiko einer erneuten Umweltkatastrophe nach Ansicht von Forschern nicht gebannt.
"Wir haben dieses Jahr einfach nur Glück gehabt", sagte der Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Jörn Gessner, der Deutschen Presse-Agentur anlässlich einer Tagung zum Zustand der Oder in Frankfurt (Oder).
Die Ausbreitung der Goldalge in dem deutsch-polnischen Grenzfluss sei wie eine "tickende Zeitbombe".
Hoher Salzgehalt im Fluss, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift der Alge waren aus Expertensicht wesentliche Ursachen für das massenhafte Fischsterben im August 2022 in der Oder. Das IGB schätzte, dass bis zu 1000 Tonnen Fische in der Oder verendet sind.
In diesem Sommer waren auch Kadaver toter Fische gefunden worden, allerdings längst nicht in Massen wie vor rund zwei Jahren. Ein lokaler Sauerstoffmangel habe zum Fischsterben geführt, so Gessner.
Goldalgen sind für Fische eine Gefahr
In Einzelfällen können Tiere ihm zufolge auch durch die Goldalge zu Tode gekommen sein. "Ich gehe davon aus, dass sie sich etabliert hat", sagte Gessner.
Das Bundesumweltministerium schrieb: "Es gab bereits Algenblüten und regionale Fischsterben in Polen und Deutschland entlang der Oder, vom Gleiwitzer Kanal bis in den Dammschen See in der Nähe von Stettin. Die Salzeinleitungen in Polen sind weiterhin die einzige Stellschraube, die derzeit beeinflusst werden kann."
Auch in diesem Sommer ist laut dem Wissenschaftler Gessner zwar eine hohe Goldalgen-Konzentration vorhanden gewesen und teils auch ein sehr hoher Salzgehalt, allerdings sei weniger Gift erzeugt worden.
Die genauen Mechanismen, die eine Giftproduktion auslösten, müssten noch besser erforscht werden. Es könne sein, dass die Alge etwa aufgrund mangelnder Konkurrenz weniger Gift produziert habe, so Gessner. Die Wassertemperatur sei auch fast 6 Grad niedriger gewesen als 2022.
Am IGB befassen sich mehrere Teams mit der Goldalge. Nach wie vor werden auch Proben aus der Oder entnommen.
Titelfoto: Frank Hammerschmidt/dpa