Faszination Eisenbahn in Brandenburg: "Wir saßen an der Quelle"

Letschin - Für Ausflüge in Sachen Bahn bietet Brandenburg eine Vielzahl von Angeboten - in Museen, auf Draisinen, in Erlebniszügen oder beim Übernachten in alten Bahnhöfen und Waggons.

Der stillgelegte S-Bahnwagon steht auf dem Vereinsgelände am Bahnübergang Letschin.
Der stillgelegte S-Bahnwagon steht auf dem Vereinsgelände am Bahnübergang Letschin.  © Patrick Pleul/dpa

"Das ist eine Feldbahn, die ab 1900 in der Landwirtschaft beispielsweise zum Transport von Zuckerrüben, aber auch im Bergbau, in Sägewerken oder beim Torfabbau eingesetzt wurde", erklärt Bernd Kutzke, Vorsitzender des Eisenbahnvereins des Ortes.

Zunächst sei die Bahn von Pferden gezogen worden. Später wurde sie mit einem Gegenläufer-Motor ausgestattet. "Die Kolben laufen zueinander – wo sie sich treffen, erfolgt die Zündung", beschreibt er.

Der 68-Jährige kennt sich aus, denn er hat mit seinen Vereinsfreunden die Feldbahn originalgetreu nachgebaut. Bereits seit 25 Jahren tüfteln der ehemalige Angestellte der Deutschen Bahn und zwei Dutzend Gleichgesinnte im Oderbruch an alter Technik.

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Gemeinsam haben sie auf ihrem Vereinsgelände am Bahnübergang Letschin eine große Sammlung an Signalanlagen, Bahnhofsuhren, Anzeigetafeln, alten Kursbüchern und Fahrkartendruckern sowie Uniformen zusammengetragen - Inventar und Zeitzeugnisse, die ansonsten längst verloren gegangen wären.

"Wir saßen damals, als der Rückbau bei der Deutschen Bahn begann, an der Quelle", sagt Vizevereinschef Manfred Nickel, wie Kutzke ein ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens.

Preußischer Abteilwagen: Das ist sein ganzer Stolz

Der 2. Vorsitzender vom Eisenbahnverein Letschin, Manfred Nickel präsentiert stolz einen preußischen Abteilwagen aus dem Jahr 1906 aus Berlin.
Der 2. Vorsitzender vom Eisenbahnverein Letschin, Manfred Nickel präsentiert stolz einen preußischen Abteilwagen aus dem Jahr 1906 aus Berlin.  © Patrick Pleul/dpa

Sein ganzer Stolz ist ein Preußischer Abteilwagen, Baujahr 1906, der bis Ende der 1920-er Jahre in Berlin unterwegs war.

"Der stand im benachbarten Groß Neuendorf, wurde vor der Wende dort als Wohnwagen genutzt. Später sollte er da weg, ein Besitzer war nicht mehr auszumachen und wir übernahmen ihn."

Gemeinsam mit Lehrlingen eines überbetrieblichen Ausbildungszentrums haben ihn die Letschiner restauriert, sodass er inzwischen für Familien- oder Firmenfeiern genutzt werden kann. Platz in den hölzernen Sitzecken ist für 30 bis 35 Gäste.

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"Das Thema Eisenbahn fasziniert Besucher und Gäste der Region. Das Interesse hat stark zugenommen", sagt Ellen Russig, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Seenland Oder-Spree ein. Ausflügler vor allem mit technischem Verständnis wollten nicht nur schauen und mitfahren, sondern auch fachsimpeln.

Gerade im Landkreis Märkisch-Oderland haben die Hobbyeisenbahner gleich mehrfach Gelegenheit - als Fahrgäste der Buckower Kleinbahn in der Märkischen Schweiz, als Radfahrer auf der ehemaligen Eisenbahnbrücke über die Oder bei Neurüdnitz, als Übernachtungsgäste in alten Bahnwaggons im Hafen von Groß Neuendorf oder als Besucher beim Eisenbahnverein Letschin.

Neue Gleisstrecke für Feldbahn

Mit der Feldbahn geht es über die Wiesen Brandenburgs.
Mit der Feldbahn geht es über die Wiesen Brandenburgs.  © Patrick Pleul/dpa

Mit der Feldbahn können Besucher ganzjährig samstags von 9 bis 11 Uhr fahren. "Nach telefonischer Anmeldung sind Besuche bei uns zu anderen Zeiten möglich", erklärt Kutzke.

Das Interesse an dem Letschiner Museum könnte steigen, denn aktuell arbeiten die Vereinsmitglieder an der Ertüchtigung einer Gleisstrecke zwischen dem Letschiner Bahnhof an der Trasse des RB60 und dem Bahnübergang.

Drei vereinseigene, alte Draisinen sollen dort einmal fahren. Ein Güterschuppen bietet dann Sanitäranlagen und Imbiss.

Eisenbahn weckt Nostalgie

In der Ausstellungshalle findet sich eine große Sammlung an Signalanlagen, Bahnhofsuhren, Anzeigetafeln, alten Kursbüchern und Fahrkartendruckern.
In der Ausstellungshalle findet sich eine große Sammlung an Signalanlagen, Bahnhofsuhren, Anzeigetafeln, alten Kursbüchern und Fahrkartendruckern.  © Patrick Pleul/dpa

Nicht jeder Besucher sei Eisenbahn-Fan, könne es aber werden, sagt Matthias Schäfer, Mitarbeiter der TMB Tourismusmarketing Brandenburg GmbH. Er hat eine Auswahl touristischer Angebote zum Thema "Eisenbahnromantik" im Land gesammelt und gerade auf einer neuen Website der TMB veröffentlicht.

Museen eröffneten Einblicke in die Geschichte. Aber auch Mitfahrgelegenheiten auf Draisinen sowie in Nostalgiezügen oder das Übernachten im Bahnambiente begeisterten Touristen.

Laut Schäfer entsteht dazu in Brandenburg "permanent" etwas Neues. Als Beispiel nennt er ein im Aufbau befindliches Bahnmuseum in Löwenberg (Oberhavel), das ebenfalls alte S-Bahn-Waggons im Bestand hat.

So gelangte Korn und Gemüse nach Berlin

Auf dem Vereinsgelände am Bahnübergang Letschin gibt es Allerhand zu entdecken.
Auf dem Vereinsgelände am Bahnübergang Letschin gibt es Allerhand zu entdecken.  © Patrick Pleul/dpa

Russig sieht noch ungenutztes Potenzial beim Thema Eisenbahn.

"Es gibt in Brandenburg so viele stillgelegte Bahntrassen, die zu Radwegen ausgebaut werden könnten, etwa die Strecke zwischen Beeskow und Bad Saarow (Oder-Spree)."

Vorbild dafür könnte der 112 Kilometer lange Oderbruchbahnradweg sein, der 29 Gemeinden zwischen Fürstenwalde (Oder-Spree) und Wriezen (Märkisch-Oderland) fernab stark befahrener Straßen verbindet und an den Oder-Neiße-Radweg anschließt.

Über die 1912 fertig gebaute und 1972 wieder eingestellte Oderbruchbahn-Trasse wurde Korn und Gemüse nach Berlin geliefert. Daran erinnert in Letschin auch eine Ausstellung auf dem Gelände des Eisenbahnvereins.

Titelfoto: Patrick Pleul/dpa

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