Viele Notdienste im Südwesten schließen: Wohin im medizinischen Ernstfall?
Stuttgart - Nach einer weitreichenden Entscheidung des Bundessozialgerichts läuft im Südwesten ein Notfallplan für den ärztlichen Bereitschaftsdienst an.
Die Menschen im Land müssen sich in nächster Zeit voraussichtlich auf längere Wartezeiten und vollere Praxen einstellen - insbesondere am Wochenende und außerhalb der Sprechzeiten. Wie lange die Notfallmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) gelten sollen, war zunächst nicht bekannt.
Geschlossen bleiben von Mittwoch an demzufolge die Notfallpraxen in Geislingen, Buchen, Schorndorf, Möckmühl, Künzelsau, Bad Säckingen, Schopfheim sowie in Kirrlach, einem Stadtteil von Waghäusel. Zudem kommt es zu Einschränkungen in Mühlacker, Bietigheim-Bissingen, Rastatt, Singen, Herrenberg und Villingen-Schwenningen.
Dort machen die Notfallpraxen unter der Woche gar nicht mehr oder nur noch teilweise auf, sondern konzentrieren sich auf das Wochenende und Feiertage. Darüber hinaus gelten in vielen weiteren der 115 Notfallpraxen im Land nun verkürzte Öffnungszeiten.
Hintergrund der Maßnahmen ist ein Urteil des Bundessozialgerichts. Die Kasseler Richter hatten am Dienstag entschieden, dass ein Zahnarzt sozialversichert werden muss, wenn er als sogenannter Poolarzt einem von der Vereinigung organisierten Notdienst nachkommt.
Die KVBW kündigte nach der Entscheidung daher an, mit "sofortiger Wirkung die Tätigkeit der Poolärztinnen und Poolärzte" zu beenden. Das bestehende System könne in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden.
Kindernotfallpraxen bleiben bestehen
Vor dem Urteil haben laut KVBW rund 3000 Poolärzte etwa 40 Prozent der Dienste in den Notfallpraxen und der medizinisch erforderlichen Hausbesuche übernommen - und so die niedergelassenen Ärzte entlastet. Ihr Wegfall könne nicht schnell kompensiert werden. Der Notdienst soll weiter sichergestellt sein - aber nicht im bisherigen Umfang.
Nicht betroffen von den Maßnahmen sind gebietsärztlich organisierte Dienste wie der augenärztliche und der HNO-Notfalldienst. Auch die Kindernotfallpraxen bleiben bestehen.
Der Rettungsdienst und die Notaufnahmen sind ebenfalls nicht betroffen. Mehrere Verbände hatten zuletzt aber befürchtet, dass nun mehr Menschen in die Notaufnahmen gehen werden - auch ohne triftigen Grund.
Die künftige Struktur des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Land war zunächst offen. "Das werden wir erst entscheiden, wenn uns die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt und wir alle Details kennen", hatte KVBW-Vorständin Doris Reinhardt am Dienstag mitgeteilt.
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