Kommunalwahlen rücken immer näher - doch es fehlt an Kandidaten!
Stuttgart - Die Parteien und Vereine in Baden-Württemberg haben teilweise Schwierigkeiten, genügend Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl im Juni zu finden.
"Einige Kommunen berichten von Herausforderungen der Parteien und Wählervereinigungen bei der Suche nach ausreichend Kandidaten für die Kommunalwahllisten", teilte der baden-württembergische Gemeindetag mit.
Das sei, wie insgesamt im Ehrenamt, vor allem auf demografische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends zurückzuführen. So nehme man etwa wahr, dass die Bereitschaft abnehme, sich in der Kommunalpolitik für eine Wahlperiode von fünf Jahren zu verpflichten.
Am 9. Juni werden bei den Kommunalwahlen die Gemeinderäte in den 1101 Städten und Gemeinden und die Kreisräte in den 35 Landkreisen gewählt. Zeitgleich findet auch die Europawahl statt.
Mit Abstand am meisten Sitze (37 Prozent) gewannen Wählervereinigungen bei den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2019 in den Gemeinderäten im Land. Auch diese Vereine nehmen wahr, dass die Bereitschaft der Menschen abnimmt, ein zeitintensives Ehrenamt zu übernehmen. Die Polarisierung der Gesellschaft erleichtere die Kandidatensuche ebenfalls nicht gerade.
"Vereinzelt wird berichtet, dass der insgesamt eher 'schlechte Ruf' der Berufspolitiker negativ auf die Kommunalpolitik abfärbt und das ehrenamtliche politische Engagement in der Kommunalpolitik dadurch noch weniger attraktiv wird", teilte eine Sprecherin des Landesverbands der Freien Wähler mit.
Nina Warken: "Die Leute sind schwerer zu begeistern"
Auch bei den anderen Parteien stellt man das fest. CDU-Generalsekretärin Nina Warken, selbst seit 20 Jahren Gemeinderätin in Tauberbischofsheim, findet, das Klima sei rauer geworden. "Man steht schon mehr im Feuer als vor 20 Jahren, auch wegen der sozialen Medien", sagte sie.
Man werde für eine bestimmte Entscheidung teils heftig angegangen, bekomme auch mal einen Shitstorm. Das Feedback bei der Suche nach Kandidaten sei zwar mancherorts positiv, teils aber auch schwierig. "Je nach Region ist das ein Kraftakt. Die Leute sind schwerer zu begeistern", so ihr Eindruck.
Von der SPD heißt es, die Suche nach ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten sei eine größere Herausforderung. "Momentan zeichnet sich ab, dass die SPD fünf neue Listen landesweit an den Start bringt und voraussichtlich rund 10 Listen verliert", teilte eine Sprecherin mit.
Auch bei den Grünen empfindet man die Kandidatensuche im Vergleich zu 2019 als herausfordernd. Neben dem politischen und gesellschaftlichen Klima seien vor allem der Zeitaufwand, die schwierige Vereinbarkeit mit Familie und Beruf und die langfristige Verpflichtung über fünf Jahre Hemmnisse für eine Kandidatur, sagte eine Sprecherin.
Bei der FDP hofft man, dass die Proteste der vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus und die AfD auch Menschen mobilisieren, für demokratische Parteien bei der Kommunalwahl anzutreten.
Titelfoto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa