Immense Summe: So viele Corona-Bußgelder wurden im Südwesten verhängt
Karlsruhe/Stuttgart - Ohne Maske, kein Impfnachweis oder Party im Lockdown: In Baden-Württemberg wurden in den vergangenen Jahren wegen Corona-Verstößen Bußgelder in Millionenhöhe verhängt.
Allein in der Landeshauptstadt Stuttgart waren es 2020, 2021 und 2022 rund 3,4 Millionen Euro, in Karlsruhe waren es 1,22 Millionen Euro. Doch auch Städte wie Heidelberg, Pforzheim, Tübingen und Baden-Baden verhängten nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur Bußgelder im mittleren sechsstelligen Bereich.
Vor allem Verstöße gegen die Maskenpflicht sowie gegen das Ansammlungs- und Ausgehverbot lösten Bußgeldforderungen aus. In Stuttgart, wo es während der Pandemie besonders viele Demos gegen Corona-Maßnahmen und von Impfgegnern gab, rangierten die Verstöße gegen das Ansammlungsverbot sogar an erster Stelle.
Von den 16.641 eingeleiteten Verfahren betrafen allein 10.932 verbotene Ansammlungen - wegen Maskenverstößen waren es 2150. In Pforzheim, wo während der drei Jahre 366.000 Euro Bußgelder verhängt und 3000 Verfahren eingeleitet wurden, waren es anfänglich vor allem Verstöße gegen Ausgangssperren und Kontaktverbote sowie gegen die Maskenpflicht.
Später wurden vornehmlich Kunden oder Betreiber in der Gastronomie wegen verbotenen Tuns zur Kasse gebeten. In der Universitätsstadt Tübingen wurden unter den 839 Anzeigen mit Bußgeldern in Höhe von 115.000 Euro neben den üblichen Verstößen gegen das Aufenthaltsverbot und die Maskenpflicht auch solche wegen verbotener Prostitution registriert.
Deshalb wurden Bußgelder von "mehreren Tausend Euro" verhängt. Kräftig zahlen mussten Uneinsichtige auch in Ulm (400.000 Euro Verwarn- und Bußgelder), in Baden-Baden (338.000 Euro) oder in Heidelberg (615.900 Euro).
Baden-Württemberg: Die meisten Verstöße gab es in der Landeshauptstadt Stuttgart
Der Gesetzgeber hatte für Verstöße einen Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 25.000 Euro gegeben - in welcher Höhe die Strafen im Einzelfall ausfielen, ist nicht bekannt. Mit über 13.000 Verstößen war die Landeshauptstadt Spitzenreiter, gefolgt von Mannheim mit rund 10.000 Verstößen.
Allein die Polizei Baden-Württemberg hat seit Inkrafttreten der Corona-Verordnung rund 390.000 Verstöße festgestellt, darunter rund 200.000 wegen Missachtung der Maskenpflicht, geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-AfD hervor.
Landesweit wurden im Jahr 2020 insgesamt 17 Personen und im Jahr 2021 insgesamt 5 Personen wegen einer Straftat nach dem Infektionsschutzgesetz verurteilt. In allen Fällen wurden laut Ministerium Geldstrafen ausgesprochen.
Vieles ist abgearbeitet. Doch nicht nur in Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim oder Pforzheim sind einige Verfahren noch nicht abgeschlossen. Denn wer mit dem Bußgeldbescheid nicht einverstanden ist, kann ihn durch einen Einspruch gerichtlich überprüfen lassen.
Laut Städtetag ist - anders als bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr - die Verfolgungsverjährungsfrist bei Verstößen gegen die Corona-Verordnung deutlich länger. Wer nach der Debatte in Bayern auf Rückzahlungen von Bußgeldern oder gar auf eine Amnestie hofft, dürfte im Übrigen vergebens warten.
Dafür gibt es aus Sicht des Städtetags und der Kommunen hierzulande keinen Grund.
Bislang kein Anspruch auf Rückzahlung der Geldstrafen
"Eine Amnestie würde den Verlust des Vertrauensschutzes für die Privathaushalte und Gewerbebetriebe, die sich zum Schutz der Bevölkerung an die Regeln gehalten haben, bedeuten", erklärte auch die Stadt Mannheim. Sie würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen - und auf das Unverständnis der Bürger stoßen, heißt es aus Baden-Baden.
In Freiburg verweist man zudem darauf, dass in Baden-Württemberg - im Gegensatz zu Bayern - keine Corona-Regelungen für unwirksam erklärt wurden, sodass es keinen Anspruch auf Rückzahlung bestimmter Bußgelder gebe.
Mannheim registriert nach der Bayern-Debatte zwar Anträge auf Rückzahlung von Corona-Bußgeldern. Diese seien allerdings unberechtigt und abgelehnt worden, betont die Stadt. Die rechtliche Situation hierzulande sei völlig anders.
In Bayern läuft seit einiger Zeit eine Debatte über die Rückzahlung von unberechtigt verhängten Corona-Bußgeldern. Der Hintergrund: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im November geurteilt, dass die strengen Ausgangsbeschränkungen des Freistaats im April 2020 unverhältnismäßig und unwirksam waren.
Die damalige Ausgangsbeschränkung - also das Verbot, die eigene Wohnung ohne einen triftigen Grund zu verlassen - sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, hieß es.
Titelfoto: Bildmontage: Sebastian Gollnow/dpa