Bis alle wach sind: Krachender Osterbrauch im Schwabenländle
Schwendi - In einigen schwäbischen Ortschaften bei Ulm wird es an den Ostertagen laut.
Vom Gründonnerstag-Abend bis zur Osternacht läuten als Zeichen der Trauer keine Glocken. Bei strahlendem Sonnenschein bedienten sie deshalb die Rätschen, auch Ratschen genannt, und riefen so zum Gottesdienst in dem Ortsteil der oberschwäbischen Gemeinde Schwendi (Kreis Biberach).
Martin Ziellenbach, Pfarrer der katholischen Seelsorgeeinheit Schwendi, spricht von "Lärmgeräten". Zum Einsatz kommen sie, weil die Kirchenglocken als Zeichen der Trauer traditionell nach dem Gloria am Gründonnerstag-Abend bis zur Osternacht schweigen. In den Ortsteilen Orsenhausen und Bußmannshausen hat das Karfreitagsrätschen eine lange Tradition.
Die Rätschen sind Holzkästen. "Sie funktionieren wie eine Art Klavier, nur ein bisschen gröber", erklärte der Pfarrer vorab. Bedient werden die Rätschen mit einer Kurbel. Ein Schallbrett bleibt an einer Walze mit Noppen hängen, beim Zurückschnellen entsteht der Krach, wie der Pfarrer erklärte.
In Orsenhausen stehen die Ministranten mit den Rätschen aus Holz traditionell vor der Sakristei und bedienen sie rund eine Viertelstunde vor dem Gottesdienst. "Das hört man im ganzen Dorf", sagte Ziellenbach.
Osterbrauch ist nicht unbekannt
Mindestens zwei Rätschen seien jedes Jahr im Einsatz - je mehr, desto lauter werde es und das sei gut so. "Sie sollen die Glocken ersetzen und laut sein", führte der Pfarrer aus. An einen Karfreitag ohne Rätschen könne er sich nicht erinnern, und er sei seit mehr als 20 Jahren in der Seelsorgeeinheit Schwendi.
"Das stiftet Gemeinschaft und zeigt auch, dass es eine Tradition ist, die weitergegeben wird", sagte er. Das Karfreitagsrätschen sei ein besonderer Brauch in der Osterzeit, "eine liebe Tradition unserer Dörfer".
Aber nicht nur in Orsenhausen und Bußmannshausen gibt es diese Tradition. Wie verbreitet das Karfreitsrätschen ist, kann ein Sprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart nicht sagen. Es werde nicht erfasst. Bekannt sei es aber.
Titelfoto: Stefan Puchner/dpa