Vom Flüchtling zum Bürgermeister: Ryyan Alshebl wird vereidigt
Ostelsheim - Auf seinem Schreibtisch im Rathaus häufen sich schon die Papiere: Als Bürgermeister von Ostelsheim muss sich Ryyan Alshebl (29) in viele verschiedene Themen einarbeiten.
Die schwäbische Gemeinde im Kreis Calw wählte den 29-Jährigen Anfang April mit einer absoluten Mehrheit von 55,41 Prozent zum neuen Rathauschef.
Seine Geschichte ging um die Welt, denn acht Jahre zuvor war Alshebl vor dem Krieg in Syrien geflohen und als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Seitdem ist einiges passiert - und am Freitagabend soll der junge Mann nun offiziell in seinem Amt vereidigt und verpflichtet werden.
Doch Alshebl hat seine Arbeit im Rathaus schon vor ein paar Wochen begonnen. Den ersten Tag beschreibt er als "überwältigend". Er fühle sich sehr wohl in der Gemeinde. Zuerst wolle er die Themen Kinderbetreuung und Kommunikation angehen. Auch eine lebendige Ortsmitte stand in seinem Wahlprogramm weit oben.
Das ist den Anwohnern im Dorf besonders wichtig. Denn eine lebendige Mitte fehle aktuell in der ländlich geprägten Gemeinde im Nordschwarzwald.
"Wir setzen große Hoffnung in ihn und freuen uns", sagt ein 75-jähriger Rentner vor seinem Haus in Ostelsheim. Alshebl habe in seiner Zeit in Deutschland etwas geleistet.
Ryyan Alshebl: Sogar aus dem Fernen Osten kamen Anfragen
Und auch der 42-jährige Max Völkl findet den neuen Bürgermeister sehr sympathisch. Alshebl sei auf allen Festen der Gemeinde präsent.
Es habe ihn überrascht, dass der 29-Jährige direkt mit absoluter Mehrheit gewählt worden sei, sagt Völkl. Er sei ein Beispiel, dass Integration funktioniere.
So erklärt sich auch Alshebl selbst die zahlreichen Anfragen, die ihn nach seiner Wahl erreichten. "Das war eine völlig neue und ungewöhnliche Situation", berichtet er.
Zum Teil sei er mit Journalisten aus Japan oder Südkorea in Kontakt gewesen. Mittlerweile habe er aber gelernt, damit umzugehen. Bei den meisten Anfragen gehe es um seinen "gesellschaftlichen Erfolg", erklärt er.
Es sei wohl auch in anderen Ländern alles andere als selbstverständlich, einen Menschen von weit außen in ein öffentliches Amt zu wählen.
Ryyan Alshebl floh im Alter von 21 Jahren
Mit 21 Jahren floh Alshebl aus seiner Heimatstadt as-Suwaida im Süden von Syrien. Dort war er aufgewachsen und zur Schule gegangen. 2015 stand er wie viele Menschen im Land vor dem Dilemma, Kriegsdienst zu leisten oder Syrien zu verlassen. Alshebl entschied sich für die Flucht - er beschreibt sie als "kalt und dunkel".
Von Syrien sei er über den Libanon in die Türkei geflohen. Mit einem Schlauchboot habe er mit anderen Menschen auf die griechische Insel Lesbos übergesetzt.
Titelfoto: Christoph Schmidt/dpa