Wie ein cleverer Kämmerer seinem Dorf einen Geldsegen beschert
Spreetal - Manchmal muss man einfach mal nachrechnen: Die Gemeinde Spreetal im Landkreis Bautzen bekommt in diesem Jahr rund 900.000 Euro mehr Gewerbesteuer als ursprünglich geplant. Nicht neue Ansiedlungen stecken hinter dem Geldsegen. Sondern ein cleverer Kämmerer, der sich das durch falsche Steuererklärungen nach Brandenburg abgeflossene Geld von den Preußen zurückgeholt hat.
Es sind zwei ungleiche sorbische Schwestern: die Stadt Spremberg (21.600 Einwohner) im Brandenburgischen und die aus sieben Dörfern bestehende Gemeinde Spreetal (knapp 1800 Einwohner) auf sächsischer Seite.
Beide teilen sich den Industriepark Schwarze Pumpe, durch dessen Mitte die Landesgrenze verläuft. Das Industriegebiet mit seinen rund 120 Unternehmen, die zusammen etwa 5000 Menschen beschäftigen, ist das wirtschaftliche Herz der Region. Und wahrer Steuerquell für die Kommunen.
Doch während Millionen nach Spremberg fließen, musste sich Spreetal bislang mit eher kleineren Summen begnügen. Und das kam dem neuen Kämmerer Marco Beer (47) spanisch vor.
"Seit meinem Amtsantritt vor zwei Jahren bin ich mal die ganzen Gewerbeanmeldungen durchgegangen", berichtet der Betriebswirtschafts-Profi TAG24. Und beim Vergleich der Angaben im Gewerbeamt und der steuerlichen Veranlagung fielen ihm zahlreiche Unstimmigkeiten auf.
Spreetal holt sich Gewerbesteuern aus Brandenburg zurück
"Entscheidend ist nicht, wo das Unternehmen sitzt, sondern in welcher Betriebsstätte es die meisten Mitarbeiter beschäftigt - denn der Verteilschlüssel bei der Gewerbesteuer richtet sich nach den Lohnkosten", erklärt Beer.
Und so stellte sich am Ende heraus, dass im Gewerbegebiet Schwarze Pumpe weit mehr Beschäftigte auf sächsischer Seite arbeiten, als das bisher steuerlich berücksichtigt wurde.
"Wo es Unstimmigkeiten gab, haben wir dann mit den Firmen geredet." Die Folge: Mehrere Firmen änderten ihre Steuererklärungen - auch rückwirkend - und überweisen ihre Gewerbesteuern nun ins sächsische Spreetal.
"Für 2023 hatten wir ursprünglich Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 610.000 Euro eingeplant - nun werden es etwa 1,5 Millionen sein", prognostiziert der Kämmerer. In die Summe fallen auch verspätet abgegebene Steuererklärungen.
Freude über den Geldsegen währt nur kurz
Doch so richtig freuen können sich die Spreetaler nicht über die rund 900.000 Euro Mehreinnahmen. Denn die stehen eigentlich nur auf dem Papier.
"Davon geht zunächst die Gewerbesteuerumlage an Land und Bund ab, dann 40 Prozent Finanzausgleichsabgabe an den Freistaat und zuletzt noch die Kreisumlage an den Landkreis Bautzen - am Ende werden uns wohl nur etwa 33 Prozent der Summe bleiben", rechnet Beer vor.
Und was macht Spreetal dann mit den verbliebenen Mehreinnahmen von etwa 300.000 Euro? "Unsere Defizite decken", winkt Beer ab. Rund eine Million würden heuer zusammenkommen, schätzt der Kämmerer. Und nennt die Flächengröße der Gemeinde als Hauptursache dafür: "Wir haben eine riesige Gemeindefläche, für die wir allein sechs Feuerwehrdepots unterhalten müssen, aber nur wenige Einwohner - die Bedarfszuweisungen des Landes richten sich aber nach der Einwohnerzahl ..."
Bleibt noch die Frage, wie man jenseits der Landesgrenze auf die Steuer-Rückholaktion der Sachsen reagiert. Mit verbissenem Schweigen! Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (66, parteilos) ließ mehrere Anfragen von TAG24 über ihr Sekretariat zurückweisen. Die Chefin werde sich dazu nicht äußern, hieß es.
Titelfoto: Petra Hornig