Terrorverdacht vor türkischer Wahl: Über 100 Festnahmen - auch Politiker betroffen
Istanbul - Präsident Recep Tayyip Erdoğan (69) muss aktuell um seinen Posten fürchten, denn bald finden in der Türkei erneut Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Im Vorfeld kam es jetzt zu landesweiten Festnahmen, auch von Volksvertretern der prokurdischen Oppositionspartei HDP. Den Personen wird allesamt vorgeworfen, eine Verbindung zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu haben.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am heutigen Dienstag berichtete, kamen nach den Razzien in 21 Provinzen am Morgen insgesamt 110 Menschen in Gewahrsam.
Unter den Festgenommen befinden sich jedoch nicht nur Politiker, sondern, wie die Anwaltskammer der Stadt Diyarbakir auf Twitter mitteilte, auch Anwälte und Journalisten.
Laut der örtlichen Staatsanwaltschaft wird Betroffenen unter anderem vorgeworfen, die PKK finanziell unterstützt und Terrorpropaganda betrieben zu haben.
Der HDP-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass auch Özlem Gündüz, der stellvertretende Vorsitzende, betroffen sei.
In einer Stellungnahme auf Twitter erhebt die Partei jetzt schwere Anschuldigungen:
"Die Regierung, die seit 2015 versucht, ihr Leben mit politischen Putschen, Massakern, schwarzer Propaganda, speziellen Kriegsmethoden, Drohungen, Erpressung und allen Arten von Angriffen zu verlängern, hat mit dem Verhaftungswahn heute Morgen einen neuen Putschprozess gegen die Wahlen vom 14. Mai begonnen."
Wer gewinnt das Rennen um die Präsidentschaft?
Nach Ergebnissen aktueller Umfragen könnten prokurdische Stimmberechtigte (und damit auch potenzielle HDP-Wähler) bei dem kommenden Urnengang Mitte Mai eine entscheidende Rolle spielen.
Aber nicht nur vonseiten der HDP dürfte es für das Staatsoberhaupt gefährlich werden, auch Vertreter anderer Parteien buhlen um die Macht im Lande.
Befragungen zeigten zuletzt, dass Kemal Kilicdaroglu (74), der Oppositionsführer der Republikanischen Volkspartei CHP, eine gute Chance haben könnte, den bisherigen Präsidenten abzulösen.
Immer wieder beschuldigte Erdoğan die zweitgrößte Oppositionspartei im Parlament und warf ihr vor, ein verlängerter Arm der PKK zu sein.
Die sozialistische Untergrundorganisation ist in der Türkei, in den USA und in der EU verboten und wird als terroristische Vereinigung eingestuft.
Titelfoto: dpa/AP/Gokhan Kesici