Wladimir Putin und Adolf Hitler - sollte man die Autokraten wirklich vergleichen?

Berlin - Seit die russische Armee Ende Februar die Ukraine angegriffen hat, sind historische Vergleiche im Diskurs über den Krieg allgegenwärtig. Vor allem Russlands Präsident Wladimir Putin (69) wird seitdem immer wieder mit dem Diktator des Deutschen Reichs, Adolf Hitler (1889 - 1945), verglichen. Doch der Historiker Christopher Clark (62) warnte nun vor dieser oder ähnlichen Gleichsetzungen.

Wladimir Putin (69, r.) wurde in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder mit Adolf Hitler (1889 - 1945) verglichen.
Wladimir Putin (69, r.) wurde in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder mit Adolf Hitler (1889 - 1945) verglichen.  © Fotomontage: dpa/DENA, dpa/Alexander Zemlianichenko

In einem Gastbeitrag, der in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde, schrieb der Professor der "University of Cambridge", dass es besser wäre, von "Eins-zu-Eins-Vergleichen nach dem Muster 'Putin gleicht Hitler' oder '2022 gleicht 1914' wegzukommen".

Derartige Gleichsetzungen führten "fast immer in eine Sackgasse, weil die Ähnlichkeiten immer nur bedingt und partiell sind".

Der Historiker fände es stattdessen geeigneter, "Resonanzen" zu finden und zu hinterfragen, "ohne gleichzeitig davon auszugehen, dass die Zwangslagen, in denen sie eingebettet waren, sich unbedingt in der Gegenwart wiederholen werden".

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Clark betonte, dass es in den vergangenen Monaten von historischen Vergleichen nur so wimmelte. Diese hätten gemeinsam, "dass sie alle etwas rechtfertigen sollen - eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung".

Doch nicht nur in Deutschland und dem Rest der westlichen Welt wird nun immer wieder zum Putin-Hitler-Vergleich gegriffen, auch der russische Autokrat selbst bedient sich laut Clark liebend gerne an derartigen Äußerungen.

Christopher Clark: Auch Putin liebt historische Vergleiche

Historiker Christopher Clark (62) ist Experte für den Ersten Weltkrieg und die Geschichte Preußens.
Historiker Christopher Clark (62) ist Experte für den Ersten Weltkrieg und die Geschichte Preußens.  © dpa/Oliver Berg

"Der Große Vaterländische Krieg gegen Nazideutschland" sei als historischer Bezugspunkt omnipräsent, führte der gebürtige Australier aus. Es ginge dabei, "um das ganze Ensemble historischer Analogien, durch welche die öffentliche Wahrnehmung der politischen Lage gerahmt und gelenkt werden soll".

Clark sagte jedoch auch, dass der Mensch nicht vollständig auf historische Vergleiche verzichten könne.

"Wir wissen als Individuen, dass uns in der Zukunft unvorhersehbare Ereignisse bevorstehen [...], möchten aber bei deren Bewältigung trotzdem nicht auf das individuelle Gedächtnis verzichten."

Titelfoto: Fotomontage: dpa/DENA, dpa/Alexander Zemlianichenko

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